Kiel:Haushaltsdebatte: Jamaika geschlossen, Opposition greift an

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Kiel (dpa/lno) - Regierung und Opposition haben sich im schleswig-holsteinischen Landtag einen vierstündigen Rede-Marathon über den Haushaltsentwurf 2018 geliefert - allerdings ohne ganz große Kontroversen. Die Jamaika-Partner von CDU, Grünen und FDP lobten am Mittwoch in Kiel unisono ihren ersten gemeinsamen Landesetat als zukunftsweisend für Schleswig-Holstein und demonstrierten Einigkeit.

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Kiel (dpa/lno) - Regierung und Opposition haben sich im schleswig-holsteinischen Landtag einen vierstündigen Rede-Marathon über den Haushaltsentwurf 2018 geliefert - allerdings ohne ganz große Kontroversen. Die Jamaika-Partner von CDU, Grünen und FDP lobten am Mittwoch in Kiel unisono ihren ersten gemeinsamen Landesetat als zukunftsweisend für Schleswig-Holstein und demonstrierten Einigkeit.

Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) meinte, die Jamaika-Koalition setze nur die Politik der Vorgängerregierung von SPD, Grünen und SSW fort. Eigene Ideen seien nicht erkennbar. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) habe den Etatentwurf mit drei Monaten Verspätung vorgelegt, offenbar um die Jamaika-Partner zu überzeugen, die Politik der früheren Küstenkoalition fortzusetzen.

Der Etatentwurf sieht Ausgaben und Einnahmen von jeweils rund zwölf Milliarden Euro vor. Schwerpunkte sind Bildung, Infrastruktur, Innere Sicherheit und der Ausbau der Digitalisierung. Die Investitionsquote steigt auf 9 Prozent, nach 7,9 Prozent in diesem Jahr. Der Entwurf des strukturell ausgeglichenen Haushalts sieht eine Schuldentilgung von 185 Millionen Euro vor. Der Haushalt wurde zur weiteren Beratung in einen Ausschuss verwiesen und soll im Februar in zweiter Lesung im Parlament beschlossen werden.

Heinold, aber auch CDU-Fraktionschef Tobias Koch und sein FDP-Kollege Christopher Vogt unterstrichen die Innovationskraft des Etats. „Wir tilgen Schulden, sanieren die Infrastruktur und investieren in die Bildung“, sagte Heinold im Parlament. Sie stellte den Etatentwurf selbstbewusst unter dem Motto „Unser Haushaltsentwurf 2018 atmet Zukunft“ vor.

„Die Rahmenbedingungen sind zurzeit für uns alle gut“, sagte Heinold mit Blick auf sprudelnde Steuereinnahmen und niedrige Zinsen. Zum vierten Mal in Folge komme der Landeshaushalt ohne neue Schulden aus. Die Zins-Steuer-Quote sei von 16,3 Prozent im Jahr 1996 auf 5,3 Prozent im Jahr 2018 gefallen. Im Jahr 2010 sei der Haushalt noch über 10 Prozent schuldenfinanziert gewesen.

Koch sagte, der Haushaltsentwurf belege, „dass Jamaika funktioniert“. Eine „Schuldentilgung in Rekordhöhe“, die „Bildungsoffensive“, das Leitprojekt Kita-Reform sowie am Ende eine Investitionsquote von möglicherweise sogar 10 Prozent - das werde die SPD vor Neid erblassen lassen. Statt 495 Lehrerstellen wie ursprünglich geplant abzubauen, sollen im nächsten Jahr 395 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Damit gibt es rechnerisch 890 mehr Lehrerstellen, was das Land 45 Millionen Euro koste. Ziel sei eine Unterrichtsversorgung von 100 Prozent. Vogt verwies darauf, dass das Land bis 2020 insgesamt 246 Millionen Euro zusätzlich für die Kitas einplane.

Auch Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben legte den Schwerpunkt auf die „Bildungsoffensive“ und Kitas. Zugleich mahnte sie zu verantwortungsvollem Haushalten. Denn die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen blieben nicht für immer. Forderungen der SPD, das Weihnachtsgeld für Beamte wieder einzuführen, erteilte sie daher eine Absage. Den Beamten gehe es besser als den 70 000 Angestellten im öffentlichen Dienst - dank höherer Pensionen und besserer Krankenversicherung. Sie könne das als Beamtin sagen.

Stegner hatte zuvor daran erinnert, dass die große Koalition 2007 bei der Abschaffung des Weihnachtsgeldes versprochen habe, es in finanziell guten Zeiten wieder einzuführen. Und diese Situation sei jetzt gegeben, aber bei Jamaika fehle der politische Wille. „Nicht wollen ist der Grund, nicht können nur der Vorwand“, zitierte Stegner den römischen Philosophen Seneca. Als weitere SPD-Forderungen nannte Stegner die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für Anwohner in den Kommunen und die Abschaffung der Kita-Gebühren. Für beides solle das Land finanziell aufkommen. Kalben sagte, so lange die SPD die Gegenfinanzierung ihrer Vorschläge schuldig bleibe, sei dies schlichtweg unrealistisch.

Wegen der Wiedereinführung des G9-Abiturs an den Gymnasien sieht der SSW „eine Kostenlawine“ auf die Schulträger zurollen. Die baulichen und personellen Auswirkungen seien im Landeshaushalt noch nicht abgebildet, sagte SSW-Fraktionschef Lars Harms. Noch nie habe eine Landesregierung im Norden so viel Geld zur Verfügung gehabt. Daher sollte die berufliche Diskriminierung der Grundschullehrer - vor allem seien dies Frauen - beendet und ihre Gehälter angehoben werden auf das Niveau der anderen Lehrer. Lobend äußerte sich Harms über die geplante Unterstützung von Einrichtungen der dänischen Minderheit.

Politische Schönrednerei warf AfD-Fraktionschef Jörg Nobis der Jamaika-Koalition vor. Schleswig-Holstein sei mit 27 Milliarden Euro stark verschuldet - dies seien 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit mehr als beim Inselstaat Jamaika (118 Prozent). „Die karibische Haushaltsführung funktioniert nicht“, sagte Nobis. Wie bereits Redner der Koalition verwies er auf die Haushaltsrisiken in Milliardenhöhe, die durch den Verkauf oder die Abwicklung der HSH Nordbank absehbar seien.

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