Lafontaine gibt auf:Der König geht, es lebe die Partei

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Sobald die neue Führung der Linkspartei steht, muss sie sich umgehend von Lafontaine emanzipieren - sonst hat die Partei ausgedient.

Thorsten Denkler

Lafontaine hat noch vier Monate bis zum Parteitag der Linken Ende Mai in Rostock. Bis dahin wird er noch Parteivorsitzender sein. Dann ist Schluss. Einmischen will er sich danach schon noch, mit Zwischenrufen aus dem fernen Saarland. Nur eben nicht mehr in bundespolitisch verantwortlicher Position. Oskar Lafontaine gibt auf, gesundheitsbedingt. Krebsdiagnose im Herbst, Herzprobleme, das alles in einem Jahr. Dazu die nach wie vor nagende traumatische Erfahrung eines Attentates, dass er nur mit Glück überlebt hat. Es reicht.

Gibt seinen Parteivorsitz bei den Linken auf: Oskar Lafontaine. (Foto: Foto: Reuters)

Für die Linke ist das eine Katastrophe - oder eine Chance. Je nachdem. Lafontaine war das Zugpferd der Linken, ohne ihn hätte es diese Partei, diese Erfolge nie gegeben. Er ist der Godfather des Linkspopulismus.

Einen Wahlkampf wird er noch als Parteivorsitzender bestreiten, den in Nordrhein-Westfalen. Schafft er es, die Linke in den Landtags zu wuchten, wird es mehr als eng für schwarz-gelb in NRW und im Bund. Die Bundesratsmehrheit wäre dahin. Lafontaine, der Machtmensch, weiß, dann hätte er wirklich spürbar etwas bewegt in diesem Land.

Danach droht Flaute. Wer auch immer die Linke führen wird, Lafontaine wird immer fehlen. Und wenn nur als Garant dafür, dass die Linke auf Kurs bleibt. Linientreue, das wünscht sich Lafontaine. Nur damit habe die Linke Erfolg gehabt. Gegen Krieg, gegen Hartz IV, gegen Rente mit 67. Und bloß keinen Jota davon abweichen.

Doch genau das wird geschehen, wenn Lafontaine im Saarland hockt. Zu viele gibt es in der Partei, die gerne auch mal mitregieren würden. Aber dafür braucht es Programme jenseits des kategorischen Imperativs. Wer regieren will, muss kompromissbereit sein, flexibel. Das wird Wählerstimmen kosten. Die ganz großen Erfolge wären dann Geschichte.

Der steinige Weg des real Machbaren

Doch wenn die Linke eine ernstzunehmende Alternative sein will, wird sie sich auf den steinigen Weg des real Machbaren begeben müssen. Unter Lafontaine ist das noch unmöglich. Ab Mai muss die Partei eine eigenständige linke Kraft werden. Sie wird allein mit Inhalten überzeugen müssen, weil Charismatiker wie Lafontaine nicht in den Bäumen hängen. Sicher, es gibt noch Gregor Gysi. Aber alleine hätte auch er die Linke nicht im Westen etabliert.

Die Linke steht vor dem Abgrund, wenn sie all zu lange über Lafontaines Ausstieg trauert. Sie hat nur dann eine Chance, wenn sie sich von Lafontaine emanzipiert, schnell und selbstbewusst. Die Grünen haben das geschafft. Nach dem Abgang ihres heimlichen Vorsitzenden und Superstars Joschka Fischer nach der Bundestagswahl 2005 hat kaum noch einer einen Pfifferling auf die Grünen gesetzt. Bei der Bundestagswahl 2009 haben sie das beste Ergebnis der Parteigeschichte geholt.

Die Linke muss beweisen, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann. Wenn sie das nicht schafft, dann war sie nur eine kleine Episode in der deutschen Parteiengeschichte. Dann war sie eben doch nur eine Lafontaine-Partei. Mit ihm groß geworden, mit ihm in sich zusammengefallen.

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