U-Ausschuss:Missbrauchsfall: Ermittlung nach Verdacht gegen Polizisten

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Herbert Reul (l, CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht. (Foto: David Young/dpa)

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Fünf Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchskomplexes Lügde gibt es noch polizeiinterne Ermittlungen wegen des Verschwindens möglicher Beweismittel. Das berichtete Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag im „Untersuchungsausschuss Kindesmissbrauch“ im Düsseldorfer Landtag.

Ein Polizei-Pensionär habe ausgesagt, dass vor rund 15 Jahren einer seiner Kollegen in der Kreispolizeibehörde Lippe im Verdacht stand, kinderpornografische Asservate „ausgeliehen zu haben“, sagte Reul. Dieser Aussage werde intensiv nachgegangen.

Allerdings sei sowohl der belastete ehemalige Polizist als auch ein ehemaliger Vorgesetzter mittlerweile gestorben. Strafverfahren, die sofort eingeleitet wurden, seien eingestellt worden. „Aber die internen Ermittlungen laufen noch“, sagte Reul. „Ende vom Lied: Der Verbleib der Asservate konnte bis heute zumindest leider nicht aufgeklärt werden.“

Der jahrelange sexuelle Missbrauch auf einem Campingplatz im lippischen Lügde an der Landesgrenze zu Niedersachsen hatte nach Bekanntwerden der monströsen Verbrechen bundesweit für Entsetzen gesorgt. Über viele Jahre waren bis Ende 2018 zahlreiche Kinder von mehreren Männern sexuell missbraucht und vergewaltigt worden. Die beiden Haupttäter waren 2019 vom Landgericht Detmold zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Der NRW-Landtag hatte 2019 einen Untersuchungsausschuss eingesetzt und in dieser Wahlperiode neu aufgelegt, um die Rolle der Jugendämter in der Region und die Arbeit der Polizei zu beleuchten.

In der zuständigen Kreispolizeibehörde Lippe waren damals Aservate mit möglichem Beweismaterial - ein Aluminiumkoffer und eine Plastikhülle mit rund 155 CDs und DVDs - verschwunden. Dies sei dem Innenministerium verschwiegen worden, berichtete Reul. Nachdem das heraus gekommen sei, „waren alle auf 180“, sagte der Innenminister. Die Aservaten-Verwaltung in Lippe sei mangelhaft gewesen und der Umgang damit „ein unmöglicher Zustand“. Mit der Sichtung des Materials sei damals nur ein Kommissaranwärter beauftragt worden. „Die Polizeiführung ist aus dem Verkehr gezogen worden“, bilanzierte Reul.

Nach dem Fall Lügde seien landesweit zahlreiche Lehren für die Polizei-Arbeit gezogen worden: Personell, organisatorisch und technisch sei im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Abbildungen solcher Verbrechen massiv aufgerüstet worden. „Lügde war gewissermaßen das Fanal für die Reform der Bekämpfung von Kindesmissbrauch“, sagte Reul. Erst durch diesen Komplex sei die gesellschaftliche Dimension der massenhaften Verbrechen klar geworden.

© dpa-infocom, dpa:231110-99-897505/3

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