Krieg in Libyen:Beide Lager begrüßen türkischen Friedensplan

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Waffenruhe und ein Ende der Belagerungen: Die Türkei hat einen Friedensfahrplan für Libyen vorgeschlagen - sowohl die Rebellen als auch das Gaddafi-Lager reagieren positiv. Allerdings haben die Aufständischen noch eine weitere Bedingung für einen Waffenstillstand. In Misrata sollen nach UN-Angaben Scharfschützen auf Kinder geschossen haben.

Die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien in Libyen scheinen festgefahren. Obwohl ihnen zum Teil nur wenig Chancen eingeräumt werden, sind die Rebellen nicht bereit aufzugeben, doch auch die Gaddafi-Truppen können sich nicht eindeutig durchsetzen.

Checkpoint bei Bengasi: Nach Angaben der Rebellen soll die Stadt Al-Brega wieder in ihrer Hand sein. Doch insgesamt räumt ein US-Militär den Aufständischen insgesamt wenig Chancen im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen ein. (Foto: dpa)

Nun hat die Türkei einen Friedensfahrplan für Libyen vorgeschlagen. Er wird von den Konfliktparteien begrüßt. Allerdings bestehen die Aufständischen weiterhin darauf, dass Staatschef Muammar al-Gaddafi das Land verlässt.

Der Plan, den Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstagabend vorstellte, sieht unter anderem eine Waffenruhe und einen Rückzug der Gaddafi-Truppen aus den belagerten Städten im Westen des Landes vor.

Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, sagte dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira in der Nacht, die Aufständischen seien bereit, diesen Plan umzusetzen, falls Gaddafi und seine Familie das Land verlassen sollten. Auch in Tripolis reagierte man zunächst positiv auf den Vorschlag, der die humanitären Aspekte der Libyen-Krise in den Vordergrund stellt.

Die Rebellen hatten die Türkei in den vergangenen Tagen stark kritisiert, weil Erdogan wegen möglicher Terrorgefahr davor gewarnt hatte, moderne Waffensysteme an sie zu liefern. Am Dienstag wiesen sie im Hafen von Bengasi ein türkisches Schiff mit Hilfsgütern ab.

Libyens Rebellen haben nach Ansicht eines US-Militärs kaum Chancen, das Regime Gaddafis zu besiegen. "Ich würde die Wahrscheinlichkeit als gering einschätzen", sagte der Chef des US-Afrika-Kommandos (Africom), General Carter Ham, am Donnerstag in einer Kongressanhörung in Washington.

Zwar hätten die Luftangriffe die Schlagkraft der Gaddafi-Einheiten gegen Zivilisten erheblich beeinträchtigt, sagte Ham. Das gelte allerdings nicht für die von den Rebellen kontrollierte und von Gaddafis Einheiten belagerte Küstenstadt Misrata im Westen des Landes.

Dort sollen nach UN-Angaben Scharfschützen auf Kinder geschossen haben. Die Sprecherin des Kinderhilfswerks UNICEF, Marixie Mercado, erklärte in Genf, entsprechende Berichte lägen vor. Sie konnte nicht sagen, wie viele Kinder von Scharfschützen in der drittgrößten libyschen Stadt verletzt oder getötet wurden.

Die Situation in Misrata ist dramatisch: Am Vortag hatte die UN eine Feuerpause gefordert, um Hilfslieferungen in die Stadt bringen zu können. In der Misrata seien bei den schweren Gefechten Hunderte Menschen verletzt oder getötet worden. Den Bewohnern gingen Wasser, Lebensmittel und Medikamente aus.

Gaddafi-Truppen mit neuer Taktik

Nach Ansicht von US-General Ham sind die Aufständischen selbst mit Nato-Unterstützung nicht stark genug, die Hauptstadt Tripolis zu stürmen und das Regime stürzen zu können. Der Kampf sei derzeit festgefahren, was auch daran liege, dass Gaddafis Truppen ihre Taktik verändert hätten, um Luftschlägen des internationalen Bündnisses aus dem Weg zu gehen.

"Sie operieren nun zu großen Teilen in zivilen Fahrzeugen", sagte Ham. Das mache sie vor allem dann schwerer als Ziele erkennbar, vor allem, weil sie mit den Oppositionstruppen verwechselt werden könnten.

Hinzu kommt, dass die Rebellen inzwischen auch über Panzer verfügten. Kampfflugzeuge der Nato hatten am Donnerstag deshalb versehentlich die Panzer der Regimegegner angegriffen. Der stellvertretende Kommandeur des Nato-Einsatzes in Libyen, Konteradmiral Russell Harding, erklärte, dem Bündnis hätten bislang keine Informationen vorgelegen, wonach die Aufständischen auch über Panzer verfügten.

Bei dem Zwischenfall waren am Donnerstag fünf Kämpfer ums Leben gekommen. Harding erklärte, die Nato werde sich für die Todesfälle nicht entschuldigen. Die Lage zwischen den Ortschaften Brega und Adschdabija sei unübersichtlich, weil beide Seiten immer wieder Geländegewinne erzielten und sich zurückzögen. Daher sei es schwierig für die Piloten, zwischen den Regierungstruppen von Staatschef Muammar al Gaddafi und dessen Gegnern unterscheiden.

Die libysche Hauptstadt Tripolis wurde in der Nacht zum Freitag von neuen Luftangriffen erschüttert, berichtete der US-Sender CNN.

Deutschland, das sich an der Militäraktion in Nordafrika nicht beteiligt, bereitet sich inzwischen auf einen Libyen-Einsatz im Rahmen einer humanitären EU-Mission vor.

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