Wladimir Putins Strategie ist es, die Welt im Unklaren darüber zu lassen, was er eigentlich will. Wann immer es ihm passt, tut er beispielsweise so, als sei Moskau keine Konfliktpartei. Jetzt allerdings setzt er sich mit Merkel und Hollande an einen Verhandlungstisch. Eine eigene Verantwortung für das Wiederaufflammen der Kämpfe in der Ostukraine streitet der russische Präsident ab. Die Ukraine sei der alleinige Schuldige, erklärte er gerade bei einer Rede.
Wladimir Putin im August 2014 in Minsk nach einem Gespräch mit Petro Poroshenko
(Foto: dpa)Er spricht von einem Bürgerkrieg, den Kiew zu einem internationalen Krieg machen wolle. Doch seit die Kämpfe wieder im vollen Gange sind, sind auch alle Varianten wieder auf dem Tisch, was Putin vorhaben könnte:
- Die nationalistisch-ideologische, die Wiederherstellung eines Neurussland von Donezk bis Odessa wie es Katharina die Große im 18. Jahrhundert gegründet hatte.
- Die logistisch-pragmatische, Russland einen Landzugang zur annektierten Halbinsel Krim zu verschaffen.
- Die imperialistische, weitere Gebiete zu annektieren.
- Und schließlich die destruktive, einen Erfolg der neuen Ukraine nach dem Sieg der proeuropäischen Maidan-Bewegung um jeden Preis zu verhindern.
Ob sich der Kreml inzwischen für eine dieser Varianten entschieden hat, ist weiter unklar. Mischformen sind möglich. Putin pokert. Er hat einen kleinen Kreis von Vertrauten um sich geschart, Entscheidungen werden ohne jede Transparenz gefällt. Und das ist das Problem der Vermittler. Sie wissen nicht, was ihr Gegenüber will.
Angela Merkel hat oft mit Putin telefoniert, von mehr als 40 Gesprächen ist die Rede. Doch Putins Ziele versteht sie immer noch nicht. (Von Julian Hans und Sebastian Gierke)