Korruption:Russische Staatsanwälte sollen organisierte Verbrecher gedeckt haben

MOSCOW REGION RUSSIA AUGUST 11 2015 Russia s President Vladimir Putin L and Russian Prosecutor

Jurij Tschaika (rechts), hier mit Präsident Wladimir Putin, ist Moskaus Generalstaatsanwalt und Vater eines sehr umtriebigen Sohnes.

(Foto: imago)
  • Die Moskauer Stiftung zur Bekämpfung der Korruption hat möglicherweise einen der größten Justizskandale in der Geschichte des Landes aufgedeckt.
  • Generalstaatsanwälte sollen über Jahre gemeinsame Sache mit organisierten Verbrechern gemacht und ein Vermögen daran verdient haben. Es geht um Raub, Mord und Schutzgelderpressung.
  • Die russische Presse berichtet bis auf wenige Ausnahmen nicht darüber.

Von Julian Hans, Moskau

Die Geschichte, die das Zeug dazu hat, zum größten Justizskandal der neuen russischen Geschichte zu werden, beginnt mit einem rauschenden Fest auf der griechischen Halbinsel Chalkidiki. Im Mai 2014 traf sich dort die Elite aus Russlands Politik, Wirtschaft und Showgeschäft. Schlagerkönig Filipp Kirkorow sang, und Kulturminister Wladimir Medinskij hielt eine Ansprache.

Sie waren aus Moskau ans Mittelmeer gereist, um das Fünf-Sterne-Luxushotel Pomegranate zu eröffnen. Mindestens 25 Millionen Euro hatten die Investoren in die Renovierung des Hauses gesteckt, berichtete die griechische Presse.

Über anderthalb Jahre haben die Aktivisten Beweise gesammelt

Am Dienstag dieser Woche hat die Moskauer Stiftung zur Bekämpfung der Korruption aufgedeckt, woher das Geld kam. Über anderthalb Jahre haben die Mitstreiter des Oppositionspolitikers und Anti-Korruptions-Aktivisten Alexej Nawalny Grundbücher, Firmenregister und Datenbanken in Russland, Griechenland und der Schweiz durchsucht.

Was sie zutage förderten, stellt selbst das in den Schatten, was bislang über Korruption und Bereicherung auf Kosten des russischen Staates bekannt war. Der Bericht zeichnet das Bild von einem Land, in dem die höchsten Vertreter der Justiz mit dem organisierten Verbrechen gemeinsame Sache machen.

Den Recherchen zufolge waren es Olga Lopatina und Artjom Tschaika, die an jenem Abend das rote Band zur Eröffnung des Hotels durchtrennten. Tschaika, 39, ist der älteste Sohn des russischen Generalstaatsanwalts Jurij Tschaika. Lopatina, 52, die Frau von dessen Stellvertreter Gennadij Lopatin. Bei den griechischen Behörden sind die beiden als Inhaber der Firma registriert, der das luxuriöse Pomegranate gehört.

Offiziell sind der stellvertretende Generalstaatsanwalt Gennadij Lopatin und Olga Lopatina mittlerweile geschieden. In der letzten Vermögensdeklaration, die Lopatin als hoher Beamter jährlich abgeben muss, ist sie 2011 mit einem Einkommen von null Rubel aufgeführt. Außerdem gehören ihr eine Wohnung, ein Haus und einige Grundstücke. Doch die Frage, woher das viele Geld für das Rieseninvestment in Griechenland dann kommt, brachte die Korruptionsbekämpfer erst auf die Spur des eigentlichen Skandals.

Im russischen Register fanden sie die Firma Kuban Zucker, an der Lopatina mit 25 Prozent beteiligt ist. Weitere je 25 Prozent gehören: der Frau von Alexej Starowerow, der ebenfalls einen hohen Posten in der Generalstaatsanwaltschaft innehatte, sowie den Ehefrauen von Sergej Zapok und Sergej Zepowjas.

Letztere sind bekannt als Anführer der berüchtigten Zapok-Bande, die über Jahre das Gebiet Krasnodarsk terrorisierte. Erst nach einem grausamen Mord an zwölf Menschen, darunter vier Kinder im November 2010, wurden die beiden verurteilt. Zapok starb in der Haft. Das Büro von Kuban Zucker befindet sich im gleichen Gebäude, in dem das Stabquartier der Zapok-Bande war.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema