Korruption in Indien:Minister lädt Beamte zum Diebstahl ein

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"Ihr könnt ein bisschen stehlen, aber führt Euch nicht wie Banditen auf." Mit einer offenherzigen Ansagen an seine Beamten sorgt ein Minister im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Indiens für Schlagzeilen. Er selbst sieht eine Medienverschwörung am Werk.

Dass in indischen Behörden die Korruption grassiert und allgemein akzeptiert wird, ist weitläufig bekannt. So deutlich wie der indische Regionalpolitiker Shivpal Singh Yadav hat allerdings noch niemand seine Mitarbeiter zum Stehlen eingeladen.

Shivpal, Minister für Staatsangestellte im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh, erklärte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PTI seinen Mitarbeitern in einer Sitzung: "Ich habe es den Beamten bereits öffentlich gesagt - wenn Ihr hart arbeitet, könnt Ihr ein bisschen stehlen, aber führt Euch nicht wie Banditen auf."

Die Äußerung sorgt in Indien für Aufregung, politische Gegner forderten Shivpals Rücktritt, auch das Echo im Netz ist verheerend. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz versuchte der Politiker, den Schaden zu begrenzen: Seine Äußerungen seien "aus dem Kontext gerissen" worden, zudem sei es skandalös, dass sich die Medien in eine geheime Sitzung "eingeschlichen" hätten. Er habe doch immer mit der Presse kooperiert, wunderte er sich und erklärte nach weiteren kritischen Nachfragen: "Ich weiß nicht, warum es die Medien auf mich abgesehen haben".

20 Euro Schmiergeld pro Jahr

345 Milliarden Dollar soll die grassierende Bestechlichkeit die indische Volkswirtschaft einer Studie zufolge zwischen 2000 und 2010 gekostet haben. 2009 zahlte jeder Inder im Durchschnitt 2000 Rupien (ca. 20 Euro) an Schmiergeld - 260 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Im internationalen Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International belegt Indien Rang 95 von 182 Ländern.

Trotz der offensichtlichen Schwächen gelingt es der drittgrößten asiatischen Volkswirtschaft nicht, wirksame Maßnahmen gegen die Schmiergeld-Epidemie zu entwickeln. In den vergangenen Jahren wurde die Politik immer wieder von Korruptionsskandalen erschüttert, Vetternwirtschaft gilt als entscheidender Karrierefaktor für Politiker.

Auch der umstrittene Minister Shivpal profitiert von diesem System: Sein älterer Bruder ist der Präsident der sozialistischen Partei Indiens, Regierungschef in Uttar Pradesh ist Shivpals Neffe Akhilesh Yadav.

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