Konjunktur:Regierung muss Prognose korrigieren

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Zu schwache Konjunktur: Die Wirtschaft wächst 2010 nur um 1,5 Prozent. Selbst die FDP tendiert nun dazu, Steuersenkungen zu verschieben.

P. Blechschmidt und C. Hulverscheidt

Die Hoffnung der Koalition auf eine kräftige Konjunkturerholung wird sich wohl nicht erfüllen. Nach SZ-Informationen geht die Regierung intern davon aus, dass die Wirtschaft 2010 um lediglich 1,5 Prozent wachsen wird. Die gewünschten zusätzlichen Spielräume für Steuersenkungen wird es damit nicht geben. FDP-Vizechef Andreas Pinkwart sagte vor dem Sechs-Augen-Gespräch der Koalitionsspitzen am Sonntag im Kanzleramt, seine Partei könne auch damit leben, wenn die Steuerreform statt 2011 erst 2012 in Kraft trete.

Nach den Worten von FDP-Vizechef Andreas Pinkwart: "kann die FDP auch damit leben", wenn die Steuerreform erst 2012 eintritt. (Foto: Foto: ddp)

Noch vor wenigen Wochen hatte die Regierung darauf gesetzt, dass das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr bei mindestens zwei Prozent liegen und hohe zusätzliche Einnahmen in die öffentlichen Kassen spülen wird. Manche Ökonomen sagten sogar ein Plus von bis zu drei Prozent voraus.

Nach Angaben aus Regierungskreisen sind solche Prognosen aber völlig unrealistisch, da die Wirtschaft im vierten Quartal 2009 stagniert habe und wegen des kalten Wetters auch zu Jahresbeginn 2010 nicht in Fahrt komme.

Offensichtlich sei die Industrieproduktion im vorigen Sommer nur deshalb so stark gestiegen, weil die Unternehmen ihre leeren Verkaufslager hätten füllen müssen. Angesichts der ungewissen Perspektiven hätten sie die Fertigung im Herbst aber wieder gedrosselt. Das Kanzleramt, das Wirtschafts- und das Finanzministerium verständigten sich deshalb darauf, die offizielle Konjunkturprognose im Jahreswirtschaftsbericht der Regierung von zuletzt 1,2 nur leicht auf 1,5 Prozent anzuheben. Der Bericht wird Ende Januar veröffentlicht.

Erholungszeitpunkt ungewiss

Damit ist völlig ungewiss, wie lange es dauern wird, bis Deutschland sich vom tiefsten wirtschaftlichen Absturz seit 80 Jahren erholt haben wird. Auf der anderen Seite ist klar, dass die Regierung nicht darauf setzen kann, die Kosten der Steuerreform von bis zu 20 Milliarden Euro durch konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen ausgleichen zu können.

FDP-Vize Pinkwart sagte der Süddeutschen Zeitung, seiner Partei gehe es um eine umfassende Reform mit Einführung eines Stufentarifs und Abflachung des sogenannten Mittelstandsbauchs sowie um bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger. "Wenn eine solche Reform gelingt, kann die FDP auch damit leben, wenn sie erst 2012 wirksam wird", erklärte er.

Das Ziel, die Steuern möglichst schon 2011 zu senken, sei im Übrigen gar nicht auf Wunsch der Liberalen, sondern auf Drängen der CSU in den Koalitionsvertrag geschrieben worden. Nach Angaben aus Koalitionskreisen würde wohl auch FDP-Chef Guido Westerwelle eine Verschiebung mittragen. Dagegen sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), er beharre auf einem Inkrafttreten im Jahr 2011.

Pinkwart fordert schnelles Handeln

Pinkwart betonte, um eine wirklich umfassende Reform zu schaffen, müsse sofort mit der Arbeit begonnen werden. Die Eckpunkte sollten noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Anfang Mai vorgelegt werden. Es wäre falsch, das Ergebnis der Steuerschätzung im Mai abzuwarten. Wer dies fordere, gefährde das rechtzeitige Zustandekommen der Reform.

Dem widersprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich am Sonntag mit Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer treffen will, um den koalitionsinternen Steuerstreit beizulegen. Darüber hinaus wollen die drei Parteivorsitzenden weitere strittige Punkte wie etwa die Besetzung des Beirats der Vertriebenenstiftung klären und eine gemeinsame Strategie für die Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London festlegen.

© SZ vom 16.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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