Kongo:Gewehre und Gesundheit

Erstmals ist bei der aktuellen Ebola-Epidemie kein Ende absehbar - obwohl das Land Erfahrung damit hat.

Von Berit Uhlmann

Als das Ebola-Virus 1976 entdeckt wurde, war das Land noch ein anderes: Zaire hieß die heutige Demokratische Republik Kongo damals. Zu dieser Zeit war es eher ein Land im Aufbruch, die Unabhängigkeit war noch im Gedächtnis, Muhammad Ali hatte einen der berühmtesten Boxkämpfe in der Hauptstadt Kinshasa gewonnen. Die Ebola-Epidemie war nur eine Meldung unter vielen.

Ein paar Wissenschaftler wurden ins abgelegene Dorf Yambuku im Norden des Landes geschickt, um den Vorfall zu untersuchen. Die Siedlung tief im Regenwald war wie ein Geisterort, fast verlassen, berichtet einer von ihnen im Bulletin der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ohne Schutzausrüstung, mit bloßen Händen nahmen die Wissenschaftler Blut von den wenigen Überlebenden und Gewebeproben von den Toten. Sie wussten damals noch nicht, dass die Proben ein fadenförmiges Virus enthielten, dass später nach dem nahegelegenen Fluss Ebola benannt wurde. Es tötet im Schnitt jeden zweiten Erkrankten, bei manchen Ausbrüchen auch 90 Prozent. Wo sich der Erreger zwischen den Ausbrüchen versteckt, ist bis heute nicht sicher. Die am meisten verbreitete Theorie besagt, dass Flughunde die Wirte des Virus sind und es von ihnen auf Menschen überspringt. Im Kongo tauchte das Virus erst 19 Jahre nach seiner Entdeckung wieder auf.

Beim aktuellen Ausbruch ist alles anders. Im Nordosten lodert seit einem Jahr ein Strohfeuer

Diesmal traf es eine größere Stadt. Ausbrüche in dicht besiedelten Gebieten sind gefürchtet, weil sie sich schnell ausdehnen können. Die zweite Epidemie endete mit 250 Todesopfern vergleichsweise glimpflich. Sie ging aber in die Medizingeschichte ein, denn aus dem Blut von Überlebenden gewannen die Wissenschaftler Antikörper, auf deren Basis heute Medikamente hergestellt werden. Gerade werden sie getestet.

Während die Welt 2014 nach Westafrika schaute, wo Ebola mehr als 11 000 Menschen das Leben kosten sollte, flackerte die Krankheit im Kongo wieder auf. Abseits aller Aufmerksamkeit, bekam sie das Land innerhalb von drei Monaten in den Griff. Doch beim aktuellen Ausbruch ist nun alles ziemlich anders: Anstelle der bisher bekannten heftigen Strohfeuer lodert seit einem Jahr ein Flächenbrand im Nordosten des Landes. Obwohl der Staat so viel Erfahrung mit der Krankheit hat wie kein anderes Land, obwohl die WHO schnell reagierte und es nun einen wirksamen Impfstoff und Medikamente gibt, ist der Ausbruch nicht unter Kontrolle. Den Grund beschrieb ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen vor kurzem im Fachblatt New England Journal of Medicine: "Gewehre und Gesundheitsfürsorge vertragen sich nicht". Es ist der erste Ausbruch in einem Kriegsgebiet - und ein Ende ist nicht abzusehen.

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