Konflikte:Iraks Schiiten rüsten sich gegen Sunniten-Miliz

Bagdad/Washington (dpa) - In Bagdad und anderen Städten demonstrieren irakische Schiiten ihre Macht - zugleich meldet die islamistische Isis-Miliz neue Erfolge gegen die Armee. Bagdad wartet auf die ersten US-Militärbeobachter.

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Bagdad/Washington (dpa) - In Bagdad und anderen Städten demonstrieren irakische Schiiten ihre Macht - zugleich meldet die islamistische Isis-Miliz neue Erfolge gegen die Armee. Bagdad wartet auf die ersten US-Militärbeobachter.

Die islamistische Isis-Miliz hat nach Medienberichten die irakische Armee an der syrischen Grenze in die Flucht geschlagen. Die Kämpfer der Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) hätten mehrere Städte im Westen des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht, meldete das Nachrichtenportal "Sumaria News" am Samstag. Demnach fiel auch ein strategisch wichtiger Grenzort in der Region Al-Kaim an die sunnitischen Kämpfer. Die irakischen Sicherheitskräfte hätten sich nach mehrtägigen Kämpfen aus der Region zurückgezogen. Von unabhängiger Seite konnte das zunächst nicht überprüft werden.

Angesichts des Vormarsches der sunnitischen Kämpfer demonstrierten Tausende Schiiten bei militärischen Paraden ihre Macht. Wie Bewohner von Bagdad berichteten, marschierten allein in der Hauptstadt mehrere tausend Anhänger des radikalen Schiitenpredigers Muktada al-Sadr auf. Er hatte in der vergangenen Woche zu den Paraden aufgerufen, um zu demonstrieren, dass die Schiiten die Stärke haben, ihre heiligen Stätten im Land zu schützen. Die Demonstrationszüge wurden von Polizei und Militär begleitet.

Die Feindschaft zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen der Sunniten und Schiiten hat im Irak eine lange Tradition. Ex-Diktator Saddam Hussein, ein Sunnit, hatte die schiitische Mehrheit im Lande diskriminiert. Nach seinem Sturz 2003 verloren die sunnitischen Stämme Macht und Einfluss. Nach dem US-Abzug 2011 entbrannte der Machtkampf aufs Neue. Die von Schiiten dominierte Regierung unter Nuri al-Maliki hält Sunniten seit Jahren von allen wichtigen politischen Posten im Irak fern.

Sunnitische Terrorgruppen wie Isis kämpfen gegen Schiiten, die sie als "Abweichler" von der wahren Lehre des Islams ansehen. Die Isis-Kämpfer verbreiten derzeit Angst und Schrecken in der Region, sie haben Dutzende Menschen, zumeist Ausländer, in ihrer Gewalt. Rund um Stadt Tikrit kamen Dutzende Menschen bei den Kämpfen um. Wie die Nachrichtenagentur dpa von Medizinern in der 180 Kilometer nördlich von Bagdad entfernten Stadt erfuhr, wurden mindestens 84 Menschen getötet - darunter viele Angehörige von Armee und Polizei.

Die USA wollen nun das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz unterstützen. Washington setzt dabei auf einen möglichst kurzen Einsatz der rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen. Der Nachrichtensender CNN meldete, dass ein erster Sondertrupp bereits am Samstag in Bagdad eintreffen sollte. Zudem würden Soldaten, die schon jetzt an der US-Botschaft in Bagdad stationiert sind, neue Beobachteraufgaben übernehmen. Die Soldaten sollen nach Angaben der "New York Times" etwa Ziele für Luftangriffe gegen die islamistische Miliz prüfen.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lobte die Irak-Politik der USA. "Amerika ist dort sehr besonnen", sagte sie am Samstag in Hamburg. Washington prüfe eine Lösung unter Beteiligung der unmittelbaren Nachbarn des arabischen Landes.

Der Iran reagierte dagegen kritisch auf die Pläne von US-Präsident Barack Obama im Irak. "Die Äußerungen Obamas zeigen, dass die USA nicht entschlossen genug im Kampf gegen den Terrorismus im Irak sind", sagte Vizeaußenminister Amir Abdullahian nach Angaben staatlicher Medien am Samstag. Für den Irak sollte in erster Linie eine diplomatische Lösung gefunden werden, fügte er hinzu. Dazu müssten die Regierung sowie die nationale und religiöse Einheit des Landes gestärkt werden. Die Erwägungen Obamas würden dagegen zu noch mehr sektiererischen Spannungen führen.

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