Konflikt zwischen EU und Großbritannien:EU-Kommission droht Regierung Cameron

Lesezeit: 2 min

Innenpolitisch muss der britische Premier Cameron Risse im Regierungslager kitten, außenpolitisch wächst der Druck stündlich: EU-Währungskommissar Rehn gibt zu verstehen, dass der britische Haushalt genauso überwacht werde wie alle anderen. Frankreichs Präsident Sarkozy diagnostiziert eine Spaltung Europas, der Chef der französischen Finanzaufsicht schmäht die britischen Europa-Skeptiker als die "Dümmsten der Welt".

Mit ungewöhnlich deutlichen Worten droht die EU-Kommission der aus der Eurorettung ausgescherten britischen Regierung: "Falls das Manöver dazu diente, Banker und Finanzinstitutionen der (Londoner) City von der Finanzregulierung zu verschonen: Das wird nicht passieren", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel.

Ernsthaft verstimmt: EU-Kommissionspräsident Barroso im Gespräch mit dem britischen Premier Cameron beim EU-Gipfel vergangenen Freitag in Brüssel. (Foto: dpa)

Cameron hatte sich beim EU-Gipfel Ende vergangener Woche in Brüssel isoliert, da er sich einziger der "Chefs" definitiv weigerte, beim neuen europäischen Pakt für mehr Haushaltsdisziplin mitzuziehen. Der Premier solll Bedingung für eine britische Teilnahme unter anderem gefordert haben, dass die Finanzmärkte in der EU nur noch einstimmig von allen Mitgliedstaaten reguliert werden dürften. Bisher gilt bei Entscheidungen für neue Gesetze die Regel der Zwei-Drittel-Mehrheit.

Rehn erinnerte daran, dass Großbritannien auch zur bisher größten Reform des Euro-Stabilitätspaktes beitrug. Diese Verschärfung tritt an diesem Dienstag offiziell in Kraft. Defizitsünder können mit den sechs neuen Gesetzen des sogenannten Six-Packs schneller und härter bestraft werden als zuvor. "Wir wollen ein starkes und konstruktives Britannien. Und wir wollen, dass Britannien in der Mitte Europas ist, nicht am Rande", sagte Rehn. Das britische Defizit werde genauso überwacht wie das anderer Staaten, auch wenn London bisher der Euro nicht eingeführt habe.

Sarkozy: "Es gibt jetzt zwei Europas"

Harsche Kritik am Ausscheren der Briten äußerte auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy. Er verstehe das Nein zur EU-Vertragsänderung als deutliche Spaltung Europas. "Es gibt jetzt ganz klar zwei Europas: das eine, das vor allem Solidarität unter seinen Mitgliedern und Regulierung will. Und das andere, das sich nur an die Logik des gemeinsamen Marktes klammert", sagte Sarkozy in einem Interview mit der Zeitung Le Monde.

Er selbst habe gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim EU-Gipfel in Brüssel vergeblich versucht, die Briten mit ins Boot zu holen. Bereits die immer aufs Neue wiederholte Weigerung, mit in die Währungsunion einzutreten, habe in der Vergangenheit zur Isolierung der britischen Regierung beigetragen. Die nun von Premier David Cameron gestellten Forderungen bezüglich der Vertragsänderung seien nun durch und durch inakzeptabel gewesen.

Der britische Premierminister David Cameron hatte sich gegen die von Deutschland und Frankreich vorangetriebene EU-Vertragsänderung gewehrt, mit der mehr Haushaltsdisziplin in der EU festgeschrieben werden sollte. Cameron versuchte im Gegenzug, Vorteile für den Finanzplatz London durchzusetzen, was Sarkozy und Merkel ablehnten.

Die 17 Euro-Länder schmiedeten daraufhin allein einen Haushaltspakt auf zwischenstaatlicher Ebene. Alle Nicht-Euro-Länder außer Großbritannien signalisierten aber, dass sie sich nach Absprache mit ihren nationalen Parlamenten an dem neuen Pakt beteiligen könnten.

Einen Austritt Großbritanniens aus der EU lehnte Sarkozy ab. "Wir brauchen Großbritannien", versicherte der Präsident und erinnerte an die französisch-britische Zusammenarbeit beim Militäreinsatz in Libyen.

Französische Finanzaufsicht empört sich über britische Konservative

Sarkozy ist mit seiner Meinung in Frankreich nicht allein: Auch der Chef der französischen Finanzaufsicht AMF zeigte sich empört über die britischen Konservativen: "Lange Zeit wurde gesagt, dass die französischen Rechten die Dümmsten der Welt seien", sagte Jean-Pierre Jouyet dem Sender France Inter. "Ich glaube, die englischen Rechten haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, die Dümmsten der Welt zu sein."

Jouyet warf der Regierung von Premierminister David Cameron vor, die Interessen der Finanzbranche vor die Interessen des Landes gestellt zu haben. Ein solches Vorgehen sei selten in der Geschichte der Europäischen Union.

© sueddeutsche.de/afp/feko/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: