Kommentierter Original-Text der Rede:"Hoffnung über die Furcht gestellt"

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Der neue US-Präsident Barack Obama scheut sich nicht, den Amerikanern eine große Zukunft zu versprechen. Die Rede im Wortlaut - mit Kommentierungen der SZ.

Liebe Mitbürger,

"An diesem Tag sind wir zusammengekommen, weil wir die Hoffnung über die Furcht gestellt haben, die gemeinsame Willenskraft über Streit und Zwietracht." (Foto: Foto: AFP)

44 Amerikaner haben nun den Eid des Präsidenten abgelegt. Diese Worte wurden in Zeiten des Aufschwungs und in ruhigen Friedenszeiten gesprochen. Gelegentlich wurde der Eid in Zeiten nahenden Unwetters und in heftigen Stürmen abgelegt.

In diesen Zeiten hat Amerika nicht nur dank der Fähigkeiten oder der visionären Kraft jener in Führungsämtern durchgehalten, sondern weil wir, das Volk, den Idealen unserer Vorfahren und den Prinzipien unserer Gründungsakte treu geblieben waren.

So ist es gewesen. So muss es sein in dieser Generation von Amerikanern.

Dass wir mitten in einer Krise leben, ist nur zu klar. Unsere Nation befindet sich im Krieg gegen ein weitreichendes Netzwerk von Gewalt und Hass. Unsere Wirtschaft ist stark geschwächt, eine Folge der Gier und der Verantwortungslosigkeit einiger, aber auch weil wir gemeinsam versagt haben, harte Entscheidungen zu treffen und die Nation auf ein neues Zeitalter vorzubereiten.

Viele verloren ihr Zuhause, Arbeitsplätze wurden vernichtet, Geschäfte mussten schließen. Unser Gesundheitssystem ist zu teuer, zu viele scheitern in unseren Schulen. Und mit jedem Tag wird es deutlicher: Unser Energieverbrauch stärkt unsere Gegner und bedroht unseren Planeten.

Weniger messbar, aber nicht weniger mächtig wirkt der Vertrauensverlust im ganzen Land - eine nagende Angst, dass der Abstieg Amerikas unaufhaltsam ist und dass die nächste Generation ihre Erwartungen herunterschrauben muss.

Heute sage ich Ihnen, dass die Herausforderungen echt sind. Sie sind ernst, und es gibt viele davon. Sie werden nicht leicht oder in kurzer Zeit zu bewältigen sein. Aber, Amerika, du musst wissen: Sie werden bewältigt.

An diesem Tag sind wir zusammengekommen, weil wir die Hoffnung über die Furcht gestellt haben, die gemeinsame Willenskraft über Streit und Zwietracht.

Das erste historische Zitat. Obama paraphrasiert hier die erste Amtsantrittsrede von Franklin D. Roosevelt, der am 4. März 1933 den amerikanischen Bürgern auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise mit einem Satz Mut machte, der zu den wichtigsten Zitaten der Geschichte des Landes gehört: "Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst." Geschickt erklärt sich Obama mit wenigen Worten zum Erben Roosevelts, der den Bürgern nicht nur die Angst nimmt wie sein Vorbild, sondern ihnen auch die Hoffnung gibt, die er während seines Wahlkampfs versprochen hat.

Obama: Bilder von der Vereidigung
:"I do solemnly swear ..."

Atemlose Spannung, und dann jubelt Amerika. Barack Obama wird als 44. US-Präsident vereidigt - und hat nur beim Amtseid einen kleinen Aussetzer. Ein weiteres Ereignis trübt die Stimmung. Bilder aus Washington

An diesem Tag werden wir das Ende der kleinlichen Klagen und falschen Versprechungen verkünden, der Schuldzuweisungen und der abgedroschenen Dogmen, die viel zu lange unsere Politik stranguliert haben.

"Für uns haben sie gekämpft und sind gestorben, an Plätzen wie Concord und Gettysburg haben sie gekämpft, in der Normandie und in Khe Sahn." (Foto: Foto: Reuters)

Wir bleiben eine junge Nation, aber in den Worten der Schrift: Es ist Zeit, kindische Dinge sein zu lassen. Es ist Zeit, unseren immerwährenden Geist zu erneuern; den besseren Teil unserer Geschichte zu ergreifen; das wertvolle Geschenk weiterzugeben, die edle Idee, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde: das Gott gegebene Versprechen, dass alle gleich sind, alle frei sind und alle die Chance verdient haben, das Glück in vollem Maße zu ergreifen.

Während wir die Größe unserer Nation erneut beschwören, sind wir uns bewusst, dass Größe nie selbstverständlich ist. Sie muss verdient werden. Auf unserer Reise haben wir niemals Abkürzungen genommen und uns mit weniger zufriedengegeben. Es war nie der Weg für die Kleinmütigen, die Vergnügen statt Arbeit oder nur die Freuden des Reichtums und des Ruhmes gesucht haben. Es waren vielmehr die Risikofreudigen, die Tatkräftigen.

Für uns haben sie ihre wenigen Besitztümer zusammengepackt und sind über die Ozeane auf der Suche nach einem neue Leben gereist.

Für uns haben sie geschuftet und den Westen unseres Landes besiedelt. Sie haben den Schlag der Peitsche verspürt und die harte Erde gepflügt.

Für uns haben sie gekämpft und sind gestorben, an Plätzen wie Concord und Gettysburg haben sie gekämpft, in der Normandie und in Khe Sahn.

Eine versöhnliche Geste: Obama zollt nicht nur den Helden Tribut, die im Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg sowie im Zweiten Weltkrieg kämpften, sondern auch den Veteranen des von vielen als historische Schmach empfundenen Vietnamkriegs.

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Ein strahlender Tag für Barack Obama und seine Familie: Vom Kirchenbesuch über das Kaffeetrinken mit den Bushs bis zur Fahrt zum Kapitol, wo die Massen warten. Der Tag in Bildern.

Immer und immer wieder haben diese Männer und Frauen sich abgemüht und sich aufgeopfert und haben gearbeitet, bis ihre Hände wund waren, damit wir ein besseres Leben führen können. Sie haben Amerika größer gesehen als nur die Summe unserer persönlichen Ambitionen, größer als die Unterschiede von Geburt, von Reichtum oder Interessen.

Diese Reise setzen wir fort. Wir sind die prosperierendste, mächtigste Nation der Erde. Unsere Arbeiter sind heute nicht weniger produktiv als vor der Wirtschaftskrise. Unsere Köpfe sind nicht weniger einfallsreich, unsere Güter und Dienstleistungen sind ebenso nachgefragt wie vergangene Woche, wie vergangenes Jahr.

Unsere Möglichkeiten bleiben unverringert. Doch unsere Zeit der Untätigkeit, die Zeit, unangenehme Entscheidungen wegzuschieben - diese Zeit ist vorbei. Von heute an müssen wir uns aufrichten, den Staub abschütteln und wieder damit beginnen, Amerika zu erneuern.

Es gibt viel zu tun - überall wo wir hinsehen. Die Wirtschaft ruft nach schnellen mutigen Lösungen, und wir werden handeln. Wir werden nicht nur neue Jobs schaffen, sondern eine neue Grundlage für Wachstum legen. Wir werden Straßen und Brücken bauen, elektrische Netze und digitale Leitungen, die unseren Handel voranbringen und uns verbinden.

Hier beschwört Obama das Wirtschaftswunder der fünfziger und sechziger Jahre, das Präsident Dwight D. Eisenhower 1956 mit dem "National Interstate and Defense Highways Act" anschob. In den folgenden Sätzen weist Obama darauf hin, dass er den Wandel Amerikas von einer Produktions- zu einer Innovationswirtschaft vorantreiben wird.

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Cem Özdemir und Guido Westerwelle, Klaus Töpfer und Oskar Lafontaine - die Glückwunsch-Telegramme zur Amtseinführung Barack Obamas exklusiv bei sueddeutsche.de.

Wir werden der Forschung den Stellenwert zurückgeben, den sie verdient, und technische Erfindungen nutzen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern und sie billiger zu machen. Wir werden die Kraft von Sonne, Wind und Boden nutzen, um unsere Autos zu fahren und Fabriken mit Strom zu versorgen. Und wir werden unsere Schulen und Universitäten verändern, um die Erfordernisse der neuen Zeit zu erfüllen. Das alles können wir tun. Und wir werden es tun.

Manche stellen unsere Ambitionen in Frage - sie bezweifeln, dass das System viele große Pläne verträgt. Ihr Gedächtnis reicht nicht weit genug zurück. Sie haben vergessen, was unser Land bereits geleistet hat. Was freie Männer und Frauen leisten können, wenn Ideenreichtum und Gemeinwohl zusammenkommen, und Notwendigkeit und Mut.

Die Zyniker verstehen nicht, dass der Boden unter ihnen schwankt - dass die abgestandenen politischen Argumente, die uns so lange aufgezehrt haben, nicht mehr greifen. Heute fragen wir nicht, ob unsere Regierung zu groß oder zu klein ist, sondern ob sie funktioniert - ob sie Familien hilft, angemessen bezahlte Arbeit zu finden, eine bezahlbare Krankenversicherung, einen Ruhestand in Würde.

Obama verabschiedet sich von den ideologischen Grabenkämpfen zwischen den Demokraten und Republikanern. Ähnlich wie Abraham Lincoln in seiner Amtsantrittsrede vom 4. März 1861 beschwört der neue Präsident das amerikanische Volk, die nationale Einheit nicht politischen Zwistigkeiten zu opfern. Dabei fordert er beide Parteien auf, nicht auf ihrer Linie zu beharren, die bei den Demokraten einen Ausbau und bei den Republikanern einen Abbau des Staats und dessen Verpflichtungen umfasst. Ein Hieb gegen Bush, der diese Grabenkämpfe stets herausgefordert hat.

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Wenn die Antwort ja lautet, dann werden wir weitermachen. Wenn sie nein heißt, dann werden wir Regierungsprogramme beenden. Wer öffentliche Mittel verwaltet, wird sich rechtfertigen müssen.

Nur so können wir das notwendige Vertrauen zwischen den Bürgern und ihrer Regierung wiederherstellen. Genauso wenig müssen wir uns die Frage stellen, ob der freie Markt gut oder schlecht ist. Nur er entwickelt die unvergleichliche Kraft, Wohlstand zu erzeugen und Freiheit zu erweitern.

Aber die Krise hat uns daran erinnert, dass die Märkte ohne Aufsicht außer Kontrolle geraten können und dass eine Nation ihren Wohlstand nicht mehren kann, wenn sie nur die Wohlhabenden bevorzugt. Der Erfolg unserer Wirtschaft war nie nur von der Größe unseres Bruttosozialprodukts abhängig, sondern von der Teilhabe am Wohlstand; von unserer Fähigkeit, jedem Willigen Chancen zu eröffnen.

Was unsere Verteidigung betrifft: Es ist falsch, dass wir uns zwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen entscheiden müssten.

Ein neuer Hieb gegen George W. Bushs Politik nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Der kontinuierliche Abbau der Bürgerrechte im Namen der Sicherheit basierte auf den Gesetzespaketen des "Patriot Act", die solche Übergriffe legalisierten.

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Unsere Gründungsväter, bedroht von für uns unvorstellbaren Gefahren, haben eine Charta entworfen, um die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte zu gewährleisten, eine Charta, die mit dem Blut von Generationen geschrieben wurde. Diese Ideale bringen immer noch Licht in die Welt, und wir werden sie nicht aus Berechnung aufgeben.

Ich sage allen Menschen und Regierungen, die heute zusehen, von den größten Hauptstädten bis zu dem kleinen Dorf, in dem mein Vater geboren wurde: Amerika ist ein Freund jeder Nation, jedes Mannes, jeder Frau, jedes Kindes, die nach einer Zukunft in Frieden und Würde suchen. Wir sind bereit, die Führung einmal mehr zu übernehmen.

Erinnern wir uns daran, dass frühere Generationen Faschismus und Kommunismus nicht nur mit Raketen und Panzern besiegt haben, sondern mit starken Allianzen und ausdauernden Überzeugungen. Sie wussten, dass unsere Macht alleine uns nicht schützen kann, genauso wenig, wie sie uns erlaubt, zu tun, was wir wollen.

Stattdessen wussten sie, dass unsere Macht durch behutsame Anwendung wächst. Unsere Sicherheit ruht auf der Gerechtigkeit unserer Ziele, auf der Kraft unseres Vorbilds, auf Bescheidenheit und Zurückhaltung.

Wir sind die Bewahrer dieses Erbes. Von diesen Prinzipien geleitet, werden wir neue Bedrohungen annehmen, die eine noch größere Anstrengung erfordern - noch mehr Zusammenarbeit und Verständnis zwischen Nationen. Wir werden den Irak seinen Bürgern veranwortlich übergeben und den hart erkämpften Frieden in Afghanistan gestalten.

Mit alten Freunden und früheren Feinden werden wir ruhelos daran arbeiten, die atomare Bedrohung zu reduzieren und die Gefahr der Klimaerwärmung zurückzudrängen. Wir werden uns weder für unseren Lebensstil entschuldigen, noch werden wir in unserer Verteidigung nachlassen. Allen, die ihre Ziele mit Terror verfolgen und Unschuldige umbringen, sagen wir: Unser Wille ist stärker und kann nicht gebrochen werden.

Denn wir wissen, dass unser vielfältiges Erbe eine Stärke ist, keine Schwäche. Wir sind eine Nation von Christen und Muslimen, Juden und Hindus - und von Atheisten.

Ein Novum in einer Inaugurationsrede: Obama zählt auch die Muslime, Juden, Hindus und Atheisten zu den Bürgern, welche die Grundlage der amerikanischen Nation bilden. Die politischen und geistlichen Führer der muslimischen Welt mahnt er zu einem konstruktiven politischen Handeln nach innen und außen auf und nimmt sie moralisch in die Pflicht.

Reden zum Amtsantritt
:"Frag nicht, was dein Land für dich tun kann"

Große Worte, jubelnde Massen und erfrorene Kanarienvögel: Ein Rückblick auf die Amtsantritte wichtiger US-Präsidenten in Zitaten und Bildern. Von Barbara Vorsamer

Wir wurden geformt durch zahllose Sprachen und Kulturen, die von allen Teilen dieser Erde stammen; und weil wir den bitteren Geschmack des Bürgerkriegs und der Rassentrennung kennen und aus diesem dunklen Kapitel unserer Geschichte gestärkt und vereint hervorgegangen sind, glauben wir, dass alle alten Hassgefühle irgendwann vergehen werden; dass die Grenzen der Völker sich bald auflösen werden; dass die Welt kleiner wird und unser gemeinsamer Humanismus sich offenbaren wird; und dass Amerika seine Rolle dabei einnehmen muss, eine neue Zeit des Friedens einzuleiten.

Gegenüber der muslimischen Welt suchen wir nach einem neuen Weg, der sich auf gemeinsame Interessen und gegenseitigen Respekt stützt. Den Führern auf diesem Globus, die versuchen Streit zu säen oder den Westen für die Probleme ihrer Gesellschaften verantwortlich machen sagen wir: Ihr sollt wissen, dass eure Bürger euch daran messen werden, was ihr aufbauen könnt, nicht was ihr zerstört.

Den Menschen der armen Nationen versprechen wir Hilfe, damit ihre Höfe aufblühen und sauberes Wasser fließt. Den Nationen, die wie unsere relativen Wohlstand genießen, sagen wir, dass wir nicht länger teilnahmslos gegenüber dem Leid jenseits unserer Grenzen sein können. Wir können auch nicht weiterhin die Ressourcen der Welt verbrauchen ohne an die Folgen zu denken. Denn die Welt hat sich verändert, und wir müssen uns mit ihr verändern.

Unsere Herausforderungen mögen neue sein. Die Instrumente mit denen wir sie bewältigen mögen neu sein. Doch die Werte von denen unser Erfolg abhängt - harte Arbeit und Aufrichtigkeit, Mut und Fairness, Toleranz und Neugierde, Loyalität und Patriostismus - sie sind alt. Sie sind die stille Kraft der Fortschrittes in unserer Geschichte.

Zweimal spielt Obama auf John F. Kennedys Antrittsrede vom 20. Januar 1961 an. Zunächst in dem Satz: "Die Welt ist nun ganz anders." Dann: "Fragt nicht, was euer Land tun kann, sondern was ihr für euer Land tun könnt." In diesem Zitat wurzelt Obamas Vorstellung von der Verantwortung jedes Bürgers für seinen Staat.

Wir brauchen eine Rückkehr zu diesen Werten. Was von uns verlangt wird, ist eine neue Ära der Verantwortung. Alle Amerikaner müssen erkennen, dass sie Pflichten für sich selbst, für die Nation und für die Welt erfüllen müssen, Pflichten, die wir nicht grimmig hinnehmen sondern glücklich erfüllen - in dem Bewusstsein, dass nichts den Geist so befriedigt und nichts den Charakter so bildet als alles für eine schwierige Aufgabe zu geben.

Das ist der Preis, und das ist das Versprechen, Bürger unseres Landes zu sein.

Das ist die Bedeutung unserer Freiheit und unsere Überzeugung - das ist es, warum Männer, Frauen und Kinder jeder Rasse und jeden Glaubens einstimmen können in die Feierlichkeiten auf diesem Platz, und warum ein Mann, dessen Vater vor weniger als 60 Jahren hier in einem Restaurant wohl nicht bedient worden wäre, nun vor Ihnen steht und den heiligsten Eid ablegt.

So lasst uns diesen Tag mit dem Gedenken daran begehen, wer wir sind und woher wir kommen. Im Jahr der Geburt Amerikas, in den kältesten Monaten, kauerten sich einige wenige Patrioten zusammen an verlöschenden Lagerfeuern an den Ufern eines eisigen Stroms. Die Haupstadt war verlassen, der Feind kam voran, der Schnee war mit Blut befleckt. In dem Moment, als der Erfolg unserer Revolution gefährdet war, hat unser Gründervater angeordnet, diese Worte dem Volk zu verlesen.

"Lasst es der künftigen Welt berichtet werden, dass im tiefsten Winter, als nichts als die Hoffnung und die Tugend überleben konnten, Stadt und Land, alarmiert durch eine gemeinsame Gefahr, aus dem Versteck kamen, um ihr zu begegnen und sie abzuwehren."

Amerika. Angesichts der gemeinsamen Gefahren, in diesem Winter unserer Mühsal, lasst uns voller Hoffnung und Tugend einmal mehr den eisigen Strömungen trotzen und die Stürme, die da kommen mögen, überstehen. Möge es unseren Kindern und Kindeskindern gesagt werden, dass wir nicht zugelassen haben, dass dieser Weg endet, als wir gefordert waren; dass wir nicht kehrt machten und nicht aufgaben; und mit dem Blick fest auf den Horizont gerichtet, mit Gottes Gunst, haben wir dieses großartige Geschenk der Freiheit bewahrt und es den nachfolgenden Generationen sicher übergeben.

Zum Schluss wird Obama noch einmal richtig historisch. Er zitiert wörtlich aus dem elften Kapitel des Textes "Die Krise Nr. 1", den Gründervater Thomas Paine am 23. Dezember 1776 in Philadelphia verfasste - und den George Washington drei Tage später seinen zurückgeschlagenen Truppen am Vorabend des entscheidenden Sieges vorlesen ließ. Im nächsten Absatz spielt Obama auf John Steinbecks Roman "The Winter of our Discontent" an, der vom wirtschaftlichen Niedergang des Mittelstands erzählt. Steinbecks Titel wiederum nimmt Bezug auf Shakespeares Stück "Richard III.", das von einem Despoten handelt.

© Übersetzung und Kommentare: Süddeutsche Zeitung - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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