Koalitionsverhandlungen in Hamburg:Wenn der Partner Oberwasser hat

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Größer, schneller, höher in Hamburg: Der zweitgrößte Hafen Europas will immer mächtigere Containerschiffe empfangen. (Foto: Christian Charisius/dpa)
  • Als kleiner Koalitionspartner müssen die Grünen in Hamburg mehr oder weniger das akzeptieren, was die SPD von Bürgermeister Olaf Scholz will.
  • Die Partei trägt auch ökologisch umstrittene Projekte wie die Elbvertiefung und den Ausbau der U-Bahn mit.
  • Die letzte Entscheidung über die Elbvertiefung trifft aber die Justiz: Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit dem Einspruch von Naturschützern, die bleibende Schäden für das Ökosystem Elbe befürchten.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Breit und verzweigt fließt die Elbe durch Hamburg, sie verbindet und trennt. Nördlich des Ufers lebt der wohlhabendere Teil der 1,7 Millionen Bürger - im Süden sind tendenziell die weniger begüterten Bewohner zu Hause, darunter viele Migranten, obwohl die Stadtverwaltung diese Spaltung außer durch Brücken und Tunnel durch weitere Baumaßnahmen allmählich aufheben will. Dazwischen liegt der zweitgrößte Hafen Europas, der immer mächtigere Containerschiffe empfangen möchte.

Auch bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen schien der große Fluss deshalb eine Kluft zu sein, jedenfalls theoretisch. Zwar hatte bereits ein schwarz-grünes Bündnis die handelsfreundliche Elbvertiefung beschlossen, aber Ökologen missfällt die geplante Ausbaggerung erheblich. Nun hat sich Rot-Grün ebenfalls darauf verständigt, und trotzdem wollen die Kritiker dabei nicht vollständig verloren haben.

SZ-Grafik; Quellen: Hamburger Hafen, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (Foto: SZ-Grafik)

Bei den Gesprächen im Rathaus mussten die Grünen unter ihrer Spitzenkandidatin Katharina Fegebank ihren Widerstand aufgeben. Zunächst hatten sie angeregt, nur die Elbmündung weiter auszugraben und bei Wedel so viel Raum zu schaffen, dass zwei Ozeanriesen aneinander vorbeikommen. Vielleicht hätten die Umweltverbände dann ihre Klagen zurückgezogen. Doch die SPD beharrt auf dem umfangreichen Ausbau des Gewässers, also gehen die Vorbereitungen weiter.

Die Politik folgt dem Anspruch der Reeder und Manager

Die Grünen hatten von Anfang an keine Chance. Die Hafenwirtschaft will das Projekt, die Hansestadt sei sonst bald nicht mehr konkurrenzfähig. Dem Anspruch der Reeder und Manager folgt die Politik, da unterscheidet sich der SPD-Bürgermeister Olaf Scholz kaum von seinem CDU-Vorgänger Ole von Beust. Dies sei "wichtig für die Zukunftsfähigkeit", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel, als die Sache am Montag nach mehreren Sitzungen geklärt war.

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Vordergründig geht es um den Tiefgang der Schiffe und die Anpassung der Elbe. Tatsächlich aber geht es im Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht um eine Grundsatzfrage: Was ist wichtiger, Wirtschaft oder Umweltschutz?

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Die letzte Entscheidung trifft ohnehin nicht mehr die Politik, sondern die Justiz. Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit dem Einspruch von Naturschützern, die bleibende Schäden für das Ökosystem Elbe befürchten. Auch verwies die grüne Anführerin Fegebank auf eine vereinbarte "Ökologisierung der Elbe". Container- und Kreuzfahrtschiffe sollen mit sauberem Strom vom Land anstatt Schiffsstrom vom Dieselmotor versorgt werden, der Hafentransport soll modernisiert werden. Doch ansonsten müssen die Grünen nicht nur auf dem breiten Strom mitspielen, um mit der Mannschaft von Scholz bald den Senat zu bilden.

Die Grünen wollten eine Tram. Stattdessen wird die U-Bahn ausgebaut

Auf der Straße blieb den Grünen ebenfalls weitgehend das Nachsehen. Sie hatten sich eine sogenannte Stadtbahn gewünscht, eine Straßenbahn. Stattdessen setzte sich die SPD mit ihren Vorstellungen durch, die U-Bahn auszubauen. Auch die umstrittene Busbeschleunigung geht weiter. "Hier sind wir nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen, was wir sehr bedauerlich finden", berichtete Katharina Fegebank. Immerhin wird in ihrem Sinne gleichzeitig die Offensive auf zwei Rädern und ohne Motor fortgesetzt. Man werde "in eine radikale Beschleunigung des Radverkehrs investieren", um den Anteil der Radfahrer bis 2030 auf 25 Prozent zu erhöhen, schon jetzt werden Hamburgs Fußgänger reichlich von eiligen Radlern umschwirrt.

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So ähnlich war das zu erwarten gewesen bei dieser Annäherung zwischen Rot und Grün. Fegebanks Grüne akzeptieren mehr oder weniger das, was Scholzs SPD will, mit ein paar sanften Abwandlungen. Dafür sind die Verhältnisse zu klar verteilt. Olaf Scholz, 56, verlor bei den Bürgerschaftswahlen Mitte Februar seine absolute Mehrheit und braucht im Senat deshalb einen Partner. Aber der konservative Sozialdemokrat riet den Grünen angesichts seiner 45,7 Prozent und deren 12,3 Prozent, ihre Ambitionen zu zügeln.

Katharina Fegebank sprach kurz vor dem Start vom "Wunsch nach Korrektur, die überwältigende Mehrheit der Wähler will Rot-Grün". Auch die Landesmitglieder wollten einstimmig Rot-Grün, und Fegebank versicherte, man werde "grüne Themen einbringen". Weiter geht es in dieser Woche mit Wissenschaft und Bildung, auch die Olympiabewerbung ist noch zu besprechen. Die Pragmatikerin Fegebank war bereits vor dem Start der Koalitionsrunden mit der SPD "ganz optimistisch, dass wir das konstruktiv und mit gemeinsamem Geist gut zu Ende führen".

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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