Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg:Stuttgart 21: Stresstest für Grün-Rot

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Es ist das Streitthema der künftigen Koalitionspartner in Baden-Württemberg: Die SPD ist für Stuttgart 21, die Grünen sind dagegen. Eigentlich soll jetzt das Volk entscheiden, doch über die Details sind sich die Verhandlungspartner nicht einig.

Roman Deininger

Die Koalitionsverhandlungen der Grünen und der SPD in Baden-Württemberg sind am Donnerstag ins Stocken geraten. Zwar wollen beide Parteien die Bürger grundsätzlich über Stuttgart 21 entscheiden lassen. SPD-Landeschef Nils Schmid machte eine Volksabstimmung über das umstrittene Bahnhofsprojekt jedoch zur Bedingung für ein Bündnis, während der designierte grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte, "ganz entscheidend" sei, was bei dem sogenannten "Stresstest" für den geplanten Tiefbahnhof herauskomme.

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In der ersten Runde ihrer Koalitionsverhandlungen zu Stuttgart 21 konnten sich die beiden Parteien nicht auf ein Verfahren für eine Volksabstimmung verständigen. "Nach dem Stresstest hat das Volk das letzte Wort. Aber wie genau das vonstatten geht, dazu benötigen wir eine weitere Sitzung", sagte Kretschmann. Am nächsten Donnerstag wollen sich die Delegationen ein zweites Mal treffen. Kretschmann sprach vom "schwierigsten Punkt" der Verhandlungen.

"Wir sind uns einig, dass wir in der Sache uneinig sind", sagte Schmid. Die Sozialdemokraten befürworten den unterirdischen Tiefbahnhof, die Grünen lehnen ihn strikt ab. Eine Volksabstimmung ist der gemeinsame Nenner, auf den sich Grün und Rot bereits im Wahlkampf verständigt hatten. Nun sagten Kretschmann und Schmid, man wolle den in der Schlichtung durch Heiner Geißler vereinbarten "Stresstest" abwarten und das Volk dann entscheiden lassen. Sie forderten die Bahn auf, ihren Bau- und Vergabestopp bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse dieser umfassenden Projektprüfung zu verlängern. Es dürften "keine neuen Fakten geschaffen" werden, sagte Kretschmann. Zudem müsse bei dem Test "in der Sache, bei den Prämissen und beim Ergebnis Transparenz hergestellt werden". Die Ergebnisse der Simulation sollen laut Bahn frühestens im Juni vorliegen.

Die Grünen hoffen hinter vorgehaltener Hand darauf, dass ein negatives Stresstest-Resultat eine Volksabstimmung überflüssig macht. Sie gehen davon aus, dass die Kosten für Nachbesserungen den von der Bahn auf 4,5 Milliarden Euro begrenzten Kostenrahmen sprengen könnten. Eine eindeutige Aussage, wann das Projekt für die künftigen Koalitionäre tatsächlich zu teuer und damit nicht realisierbar würde, war am Donnerstag weder von Kretschmann noch von Schmid zu bekommen. Über den Ausgang der Effizienzprüfung wolle man nicht spekulieren, sagte Schmid. "Ich gehe davon aus, dass wir nach dem Stresstest zu einer gemeinsamen Bewertung kommen."

Ursprünglich hatten die Parteien am Donnerstag nur zwei Stunden für ihre Verhandlungsrunde angesetzt, am Ende wurden es mehr als drei. Aus Kreisen der Delegationen verlautete, dass die Grünen die SPD mit einem neuen Vorstoß zu den Modalitäten einer Volksabstimmung überrascht hätten.

Die Grünen wollen eine Volksabstimmung über den Landesanteil an der Projektfinanzierung vermeiden, weil die Gegner von Stuttgart 21 damit nach den Maßgaben der Landesverfassung leicht scheitern könnten. Landesweit müssten die Gegner ein Quorum von einem Drittel der Stimmberechtigten erreichen, das wären etwa 2,5 Millionen Stimmen. Eine Senkung des Quorums wäre nur durch eine Verfassungsänderung möglich - dafür bräuchte man aber die Stimmen der CDU.

Deshalb sollen die Grünen nun in den Koalitionsgesprächen vorgeschlagen haben, als Regierung ein niedrigeres Quorum einfach informell festzulegen und für bindend zu erklären. Die SPD, heißt es, habe den Vorstoß deutlich abgelehnt. Eine Volksabstimmung, das sagte Schmid öffentlich, müsse sich im Rahmen der Verfassung bewegen.

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