Koalitionsverhandlungen:FDP möchte "schmerzhafte Einschnitte"

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Zähe Verhandlungen: Die FDP ist zunehmend verärgert über das Verhalten der CDU-Unterhändler. Die Liberalen fordern eine grundlegende Reformbereitschaft.

Wenige Tage vor den wegweisenden Beratungen am Wochenende werden die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP zunehmend zäher. Die FDP reagiert verärgert auf das Verhalten der CDU-Unterhändler. "Mancher erweckt den Eindruck, als wolle er die Politik der bisherigen schwarz-roten Koalition fortsetzen - nur mit anderen Personen", sagte FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele der Neuen Osnabrücker Zeitung.

"Wir wollen die Koalition. Das kann aber nicht ein "Weiter so" bedeuten", betonte das FDP-Vorstandsmitglied. Der Finanzexperte erwartet von der Union grundlegende Reformbereitschaft in der Steuerpolitik.

CDU: Kleiner Wurf lieber als keiner

Auch das FDP-Vorstandsmitglied Michael Theurer kritisierte, der Union fehle der Mut zu einem Politikwechsel. Der Europaabgeordnete sagte, wenn sich CDU und CSU nicht bewegten, werde es keinen Koalitionsvertrag geben.

Er forderte "schmerzhafte Einschnitte" zur Sanierung des Bundeshaushalts, besonders in den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und Rente. "Nur so schaffen wir die Spielräume, um Steuersenkungen möglich zu machen."

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Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) dämpfte indessen Hoffnungen auf eine radikale Reform. "Wir werden bei der Lohneinkommenssteuer vermutlich nicht den finanziellen Spielraum für einen großen Wurf einer Steuerreform mit deutlicher Reduzierung aller Steuersätze haben", sagte er auf N-TV.

Es sei aber ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, die kalte Progression abzubauen, die zum schleichenden Steueranstieg etwa bei Lohnerhöhungen führt. "Mir ist ein kleiner Wurf, der kommt, lieber als ein großer Wurf, der acht Jahre angekündigt wird und nie kommt."

Der Vorsitzender der Jungen Union, Philipp Mißfelder, warnte dagegen davor, große Reformen auf die Zeit nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im kommenden Mai zu verschieben. "Der Schmerz wird nicht dadurch geringer, dass wir Themen erneut vertagen", sagte Mißfelder.

Einigung bei Gesetz gegen Visa-Missbrauch

Keine konkrete Daten dürfte es im Koalitionsvertrag für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken geben. Die Experten einigten sich lediglich grundsätzlich darauf, dass keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden sollten, dass die Sicherheit Priorität habe und die Atomtechnologie als Überbrückung dienen solle.

Offen sind auch der Abbau der Förderung von Solaranlagen und die Gentechnik, zumal die CSU ein Veto gegen den Anbau von Gen-Pflanzen angekündigt hat.

Verständigt haben sich Union und FDP dagegen auf die Einführung einer Warndatei gegen Visa-Missbrauch. Den Plänen zufolge soll das Anfang des Jahres am Widerstand der SPD gescheiterte Projekt, mit dem Schlepper und Schleuser bekämpft werden sollen, nun von der schwarz-gelben Bundesregierung zügig auf den Weg gebracht werden.

Auch haben sich nach Informationen der Passauer Neuen Presse die Familienpolitik-Experten von Union und FDP darauf geeinigt, juristische Klagen wegen Kinderlärmes künftig per Gesetz auszuschließen.

Wenige Tage vor den wegweisenden Beratungen am Wochenende will sich die Runde noch einmal über die Fortschritte in den zehn Arbeitsgruppen informieren. Die größten Differenzen gibt es außer beim Thema Steuern noch in den Bereichen Arbeit und Gesundheit.

© dpa/AP/kat/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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