Koalitionsausschuss beschließt Maßnahmen-Bündel:Konfliktfreie Reformen

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Hochschulförderung durch den Bund, ein neues Sorgerecht für unverheiratete Väter, Warnschussarrest für Jugendliche, Stiftung Warentest für Finanzmarktprodukte: Union und FDP bringen eine Reihe Themen auf den Weg. Heikles wurde schon im Vorfeld ausgeklammert - für "konstruktive Gespräche in freundschaftlicher Atmosphäre".

Nico Fried, Berlin

Die Koalition hat sich jenseits der seit Wochen und Monaten umstrittenen Themen auf mehrere weniger konfliktträchtige Reformen verständigt. So wollen Union und FDP das Kooperationsverbot für Bund und Länder lockern, um eine bessere Förderung von Hochschulen durch den Bund zu ermöglichen. Dazu soll das Grundgesetz geändert werden, wie die drei Generalsekretär Hermann Gröhe (CDU), Patrick Döring (FDP) und Alexander Dobrindt (CSU) nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses bekanntgaben.

Die Generalsekretäre Patrick Döring (FDP, v.l.), Hermann Gröhe (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) geben im Kanzleramt eine Pressekonferenz zum Schwarz-Gelben Koalitionsausschuss. (Foto: dapd)

Schwarz-Gelb will außerdem den Schutz von Anlegern und Versicherten verbessern, einen Warnschuss-Arrest für jugendliche Straftäter einführen sowie nicht verheirateten Vätern den Erhalt des Sorgerechtes erleichtern. Außerdem verabredete die Koalition einen Fahrplan für die Energiewende. Union und FDP verständigten sich außerdem auf Änderungen des Kartellrechts. Eine von der FDP kurz vor der Sitzung geforderte Erhöhung der Pendlerpauschale fiel offenbar unter den Tisch.

Es war der erste Koalitionsausschuss seit rund vier Monaten und auch das erste Zusammentreffen der schwarz-gelben Führung nach dem Krach zwischen Union und FDP über die Nominierung von Joachim Gauck als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Die drei Generalsekretäre sprachen von konstruktiven Gesprächen in freundschaftlicher und lockerer Atmosphäre. Die Meinungsverschiedenheiten hätten keine Rolle in dem rund zweieinhalbstündigen Treffen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden und der Generalsekretäre gespielt, an dem je nach Fachgebiet auch mehrere Bundesminister teilnahmen. Offensichtlich war es das Ziel der Koalitionsführung, Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Deshalb waren strittige Themen wie die Pflegeversicherung, der Mindestlohn oder die Vorratsdatenspeicherung zumindest offiziell nicht Bestandteil der Tagesordnung.

Mit der Lockerung des Kooperationsverbotes will die Koalition den Anforderungen des globalen Wettbewerbs Rechnung tragen. Vor allem die sogenannte Exzellenzinitiative, mit der verschiedene Universitäten aufgrund herausragender Leistungen beosondere Förderung erhalten, soll gestärkt werden, indem der Bund über eine Änderung von Artikel 91 Grundgesetz neben einer projektbezogenen Zusammenarbeit auch die Möglichkeit für eine institutionelle Förderung von Hochschulen erhält. Unter den unions-geführtren Ländern sei diese Position mittlerweile Konsens, hieß es, für eine Verfassungsänderung bedarf es allerdings auch der Zustimmung von Ländern, die von SPD oder Grünen regiert werden.

Den Schutz von Anlegern will die Koalition verbessern, indem sie die Stiftung Warentest mit jährlich zusätzlich 1,5 Millionen Euro ausstattet. Damit soll die Stiftung personell aufgestockt werden und eine umfangreichere Beratung bei Finanzprodukten anbieten können. Das Sorgerecht wird dahingehend geändert, dass Familiengerichte nicht verheirateten Vätern künftig einfacher das Sorgerecht zusprechen können. Vor allem in Fällen, in denen die Kindesmutter ein geteiltes Sorgerecht ablehnt oder sich nicht zur Frage äußert, kann ein gericht in einem beschleunigten Verfahren über den Antrag des Vaters entscheiden.

Im Jugendstrafrecht wird ein Warnschuss-Arrest eingeführt. Demnach sollen jugendliche Straftäter auch im Falle einer Bewährungsstrafe bis zu vier Wochen inhaftiert werden können. Ihnen soll damit vor Augen geführt werden, was es bedezutet, hinter Gittern zu sitzen - und dass die Bewährungsstrafe die letzte Vorstufe für eine längere Inhaftierung darstellt. Außerdem soll die Höchstrafe für Jugendliche in Mordfällen auf 15 Jahre angehoben werden, wenn eine besonders schwere Schuld vorliegt, für die das bisherige Höchstmaß von zehn Jahren Haft als nicht ausreichend angesehen wird. Eine weitere Veränderung im Strafrecht soll darin bestehen, dass eine gewerbsmäßige Vermittlung von Hilfen zur Selbsttötung unter Strafe gestellt wird.

© SZ vom 05.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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