Katholische Kirche:Neue Schmerzensgeldklage gegen die Kirche

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Das Erzbistum Köln wird das Thema Missbrauch nicht los, zuletzt musste es bereits 300 000 Euro an einen früheren Messdiener zahlen. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Eine Missbrauchsbetroffene verklagt das Erzbistum Köln auf 830 000 Euro. Sie lebte einst als Pflegetochter bei einem mittlerweile verurteilten Ex-Priester.

Von Annette Zoch

Dem Erzbistum Köln steht eine weitere Schmerzensgeldklage einer Missbrauchsbetroffenen ins Haus. Wie Kölner Stadt-Anzeiger und WDR berichten, verklagt die Pflegetochter des ehemaligen Priesters U. das Erzbistum auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 830 000 Euro. Das Landgericht Köln bestätigte den Eingang der Klage am Mittwoch auf SZ-Anfrage.

Die heute 56-jährige Frau lebte als Pflegetochter im Haushalt des Pfarrers U. gemeinsam mit einem Pflegebruder. Beide Kinder waren zunächst im Heim aufgewachsen, zogen später zu U. Sie lebten mit ausdrücklicher Zustimmung des damaligen Kölner Erzbischofs Kardinal Joseph Höffner bei U. im Pfarrhaus, die Lokalpresse veröffentlichte lobende Artikel über den fürsorglichen Pflegevater mit Priesterkragen.

Zum dritten Mal fordern Betroffene eine hohe Summe vor Gericht

U. stand im vergangenen Jahr wegen des Missbrauchs seiner drei minderjährigen Nichten vor dem Kölner Landgericht. Die ehemalige Pflegetochter, die nun auf Schmerzensgeld klagt, war als Zeugin geladen - und erzählte zum ersten Mal, was ihr passiert war: Wie U. sie wiederholt schwer sexuell missbraucht hatte, wie sie zweimal schwanger geworden war, wie ihr U. bei der ersten Abtreibung noch weisgemacht hatte, es handele sich um eine normale gynäkologische Untersuchung. Für die zweite Abtreibung hatte sie sich bewusst entschieden.

U. war vom Landgericht Köln im vergangenen Jahr wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Papst Franziskus entließ ihn aus dem Klerikerstand. Das ist damit bereits der dritte Fall, in dem ein Missbrauchsopfer hohe Zahlungen von der Kirche verlangt. Mitte Juni hatte das Landgericht Köln bereits ein wegweisendes Urteil gefällt: Es hatte entschieden, dass das Erzbistum Köln dem missbrauchten früheren Messdiener Georg Menne eine Summe von 300 000 Euro zahlen soll - die bislang höchste Summe. Menne hatte 725 000 Euro Schmerzensgeld und 80 000 Euro für mögliche künftige Schäden gefordert.

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Der Anwalt Mennes, Eberhard Luetjohann, vertritt in der Zivilklage nun auch die Pflegetochter von U. Luetjohann sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, er hoffe, dass das Erzbistum wie auch bei Menne auf die Einrede der Verjährung verzichte. Sonst wäre "der Marianengraben der Unmoral erreicht". Das Erzbistum Köln wollte sich auf SZ-Anfrage nicht äußern.

Vor dem Landgericht Traunstein läuft derzeit die Klage eines Betroffenen gegen das Erzbistum München und Freising. Der 39-Jährige fordert 350 000 Euro Schmerzensgeld. Das Verfahren läuft noch, ein erster Gütetermin war Ende Juni gescheitert.

Die deutschen Diözesen zahlen bislang in einem freiwilligen Verfahren sogenannte "Leistungen in Anerkennung des Leids". Über die Höhe der Summen entscheidet eine "Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen" (UKA). Betroffene kritisieren allerdings, dass die Summen deutlich zu niedrig seien. Dies könnte sich nach Angaben der UKA-Vorsitzenden Margarete Reske nun ändern: Man beobachte die laufenden Prozesse sehr genau, sagte sie.

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