Justizreform:EU-Kommission beschließt Maßnahmen gegen Polen

In den vergangenen Wochen demonstrierten Zehntausende gegen die Vorhaben der Regierung. (Foto: AP)
  • Brüssel will wegen der Justizreform Strafmaßnahmen gegen Polen einleiten - auch der Entzug der Stimmrechte steht im Raum.
  • Warschau bezeichnet die EU-Maßnahmen gegen Polen als "Erpressung".

Wegen der umstrittenen Justizreform leitet die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Das kündigte Vizepräsident Franz Timmermans in Brüssel an. Die Kommission werde einen formalen Bescheid dazu versenden, sobald der Gesetzestext veröffentlicht sei. Brüssel könne außerdem jederzeit ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einleiten, sollte die Regierung Richter am obersten Gericht des Landes entlassen.

Die in Polen regierende PiS-Partei hatte in den vergangenen Wochen mehrere Gesetze verabschiedet, die der Regierung praktisch freie Hand bei der Besetzung der Richterposten in Polen lassen würden. Staatspräsident Andrzej Duda legte am Montag sein Veto gegen die Gesetze zur Reform des Obersten Gerichts und des Landesrichterrats (KRS) ein. Doch er unterschrieb am Dienstag ein Gesetz zur Reform der allgemeinen Gerichte.

Der Artikel 7 des EU-Vertrages sieht als schwerste Sanktion die Aussetzung des Stimmrechts eines Mitgliedslandes vor. Schon seit Anfang 2016 führt die EU wegen einer Reform des Verfassungsgerichts ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen. Nun ergeht eine zusätzliche Empfehlung. Die EU-Kommission erwartet innerhalb eines Monats Antwort auf ihre Vorbehalte.

"Werden Erpressung von Seiten EU-Beamter nicht akzeptieren"

Polens Regierung hat die Maßnahmen bereits scharf kritisiert. "Wir werden Erpressung von Seiten EU-Beamter nicht akzeptieren", sagte Regierungssprecher Rafal Bochenek am Mittwoch. "Alle Gesetzentwürfe, die von Polens Parlament vorbereitet werden, entsprechen der Verfassung und demokratischen Grundsätzen", verteidigte er.

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