Gabriel hätte wohl keine Mehrheit bei den SPD-Mitgliedern
Es ist ein Mittel der SPD, sich als moderne Partei zu präsentieren: In der jüngsten Zeit setzte sie immer mal wieder auf Mitgliederentscheide. So durften die Berliner Genossen im vergangenen Herbst über die Nachfolge des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit entscheiden. Und nach der Bundestagswahl ließ SPD-Chef Sigmar Gabriel sogar den Koalitionsvertrag mit der Union von der Basis absegnen.
Bundestagswahl 2017:Warum die Frage nach einem SPD-Kanzlerkandidaten fast egal ist
Der SPD fehlt es an charismatischen Persönlichkeiten. Doch selbst wenn es sie gäbe, könnte die Partei nur davon träumen, den nächsten Kanzler zu stellen.
Ob Gabriel allerdings der jüngste Vorstoß in Sachen Urwahl gefällt, ist nicht bekannt. Vor allem, weil das Ergebnis nicht zwangsläufig im Sinne des SPD-Chefs ausfallen könnte.
Juso-Chefin Johanna Uekermann macht sich für eine Urwahl des nächsten SPD-Kanzlerkandidaten stark. Die SPD habe mehr als nur einen möglichen Kanzlerkandidaten, sagte sie der Welt. "Wir haben gute Männer und Frauen." Die Entscheidung sollten alle Parteimitglieder gemeinsam treffen, forderte die Jungsozialisten-Chefin.
Nun ist bis zur Bundestagswahl 2017 natürlich noch ein bisschen Zeit. Aber zumindest derzeit scheinen die Voraussetzungen für Gabriel nicht allzu günstig, von der Parteibasis zum Kanzlerkandidaten gekürt zu werden - hatte doch vor Kurzem eine Stern-Umfrage ergeben, dass nicht einmal eine Mehrheit der Sozialdemokraten Gabriel für den geeigneten Kandidaten hält.
Stegner zeigt sich ganz auf Gabriels Linie
Trotzdem könnte dem SPD-Chef der Vorschlag Uekermanns vielleicht auch egal sein, stoßen doch die Aussagen der Jusos nicht immer auf das ganz große Echo - weder in der Partei noch in der Öffentlichkeit.
Ein führender SPD-Politiker reagiert allerdings positiv auf den Vorstoß: Parteivize Ralf Stegner. Der Landtags-Fraktionschef in Schleswig-Holstein gehört dem linken Parteiflügel an. Er geriet in letzter Zeit immer mal wieder mit Gabriel aneinander, bei dessen Griechenland-Politik oder bei seiner Haltung zur Vermögensteuer oder zum Freihandel.
SPD:Kapitulationserklärung einer Volkspartei
Sigmar Gabriel macht eine Politik, bei der sich keiner auskennt. SPD-Ministerpräsident Albig zweifelt am Sinn eines eigenen Kanzlerkandidaten. Beide schrumpfen die Partei auf ein viertel Zoll.
Was seine Auffassung zur Mitgliederentscheidung bei wichtigen Entscheidungen angeht, kann Stegner sich allerdings ganz auf Gabriel berufen. Bei der Mitgliederbeteiligung sei die SPD "unangefochtener politischer Marktführer in Deutschland", sagte Stegner. Parteichef Gabriel habe selbst immer wieder gesagt, bei mehreren Kandidaten für die Kanzlerkandidatur sei eine Entscheidung der Mitglieder gefragt. "Der Vorsitzende muss also von niemandem dazu aufgefordert oder gar gedrängt werden", sagte Stegner.
Allerdings, wiegelte er ab, sei der Zeitpunkt für eine solche Entscheidung noch nicht gekommen. Erst einmal müsse über Inhalte gesprochen werden.