Italien: "Rubygate":Berlusconi sieht sich als Opfer der Unterwelt

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Italiens Premier liefert eine besondere Erklärung für die Minderjährigen-Affäre: Silvio Berlusconi wittert die Mafia hinter dem Skandal um eine Jugendliche, die zu Gast bei Berlusconi war.

Andrea Bachstein, Rom

"Unwürdig" und "niederträchtig" findet Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Angriffe, die gegen ihn vorgebracht werden. Er steht wegen der "Rubygate" genannten Affäre um seine Kontakte zu einer Minderjährigen unter Beschuss. Er werde sich von Verleumdungen und Schmutzkampagnen aber nicht aufhalten lassen, sagte Berlusconi vor dem Präsidium seiner Partei PDL am Donnerstag.

Silvio Berlusconi hat unzählige Skandale politisch überstanden, doch die Besuche einer minderjährigen Ausreißerin namens "Ruby" auf seinem Anwesen könnten den Premier sein Amt kosten (Foto: AFP)

Auch die Mafia brachte er ins Spiel. "Einige Dinge, die passieren, können die Rache der Unterwelt sein", sagte der Premier mit Hinweis auf die Erfolge seiner Regierung gegen das organisierte Verbrechen. Im Zusammenhang mit Rubygate wollen nun die Geheimdienstkontrolleure im Parlament Berlusconi befragen.

Offenbar soll geklärt werden, wer Zutritt zu den Residenzen des Premiers hat und für welche Dienste seine Personenschützer eingesetzt werden. Es gehe um Themen der nationalen Sicherheit, schrieb der Vorsitzende des "Parlamentsausschusses für die Sicherheit der Republik" (Copasir), Massimo D'Alema, Medienberichten zufolge.

Die Aufforderung von Copasir kam, nachdem bekannt geworden war, dass eine Marokkanerin mit Tarnnamen Ruby im Frühjahr zu Gast in einem von Berlusconis Privathäusern war. Es handelt sich um eine Heimausreißerin, die erst in dieser Woche 18 Jahre alt geworden ist. Sie wurde im Mai wegen eines Diebstahls festgenommen und nach Intervention des Premiers und des Chefs seiner Leibwächter auf freien Fuß gesetzt. Inzwischen liegen auch Aussagen einer wegen Drogenhandels festgenommen Prostituierten vor.

Sie gab an, angeheuert worden zu sein, um in Berlusconis Villa mit Dutzenden anderer junger Frauen an Festen teilzunehmen. Für Sex mit dem Premier habe sie zweimal 5000 Euro erhalten.

Die Frage von Sicherheit und Erpressbarkeit des Premiers war bereits aufgetaucht, als 2009 Paparazzo-Bilder mit freizügigen Szenen veröffentlicht worden waren. Der Fotograf hatte sie offenbar direkt vor Berlusconis Anwesen auf Sardinien geschossen. Schlagzeilen machten bald darauf Aufzeichnungen, die eine Prostituierte mit ihrem Handy gemacht hatte, als sie im römischen Wohnsitz des Premiers nächtigte. Was die Personenschützer betrifft, so beschweren sie sich offenbar zunehmend, dass sie als Chauffeure für Berlusconis Partygäste und für den Schutz zwielichtiger Personen dienen müssten.

Wie die Zeitung Il Fatto Quotidiano berichtet, soll ein Agent um seine Versetzung gebeten haben. Copasir-Chef D'Alema sagte, er verstehe, dass die Geheimdienstleute des Dienstes müde seien. Der Ausschuss will auch den Innenminister und weitere Geheimdienstfunktionäre anhören.

Dabei soll geklärt werden, ob Berlusconis Schutztruppe tatsächlich 400 Beamte umfasst, wer sie kontrolliert und was sie kosten. In diesem Zusammenhang hat der Vorsitzende des Richterverbands von Palermo darauf hingewiesen, dass Personenschützer und sichere Fahrzeuge für von der Mafia bedrohte Richter fehlten.

Berlusconis witzelt über Schwule

Unterdessen hat eine weitere kritische Äußerung über den Lebensstil des Premiers Aufmerksamkeit erregt. Der Regierungschef soll kommende Woche auf der "Nationalen Konferenz für die Familie" sprechen, die von der Regierung organisiert wird. "Dieser Auftritt ist uns peinlich", sagte nun der Chef des "Forums der Familienverbände".

Einen Sturm der Entrüstung hat zudem der Kommentar Berlusconis zu Rubygate vom Dienstag ausgelöst. Er hatte gesagt: "Eine Leidenschaft für schöne junge Frauen ist besser als schwul zu sein." Homosexuellen-Verbände und Oppositionspolitiker nannten Berlusconis Worte beschämend.

© SZ vom 05.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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