Italien:Regierungsbildung in Rom gescheitert

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  • Der Juraprofessor Giuseppe Conte ist mit der Regierungsbildung in Italien gescheitert.
  • Conte hätte als Ministerpräsident einer Regierung aus rechtsnationaler Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung vorstehen sollen.
  • Die Koalitionäre wollten allerdings den umstrittenen, euroskeptischen Ökonomen Paolo Savona als Wirtschaftsminister - dagegen legte Staatspräsident Mattarella sein Veto ein.

Von Oliver Meiler, Rom

Italien erhält nun doch keine populistische Regierung. 84 Tage nach den Parlamentswahlen ist der bereits weit gediehene Versuch einer Koalition zwischen der Protestbewegung Cinque Stelle und der rechtsnationalen Lega im letzten Moment gescheitert. Der designierte Premier Giuseppe Conte, der seinen Regierungsauftrag vergangene Woche "mit Vorbehalt" angenommen hatte, teilte Staatspräsident Sergio Mattarella am Sonntagabend mit, dass er aufgebe.

Die Cinque Stelle forderten unter Verweis auf die Verfassung die Absetzung des Präsidenten.

Gescheitert ist die Regierungsbildung an einer Personalie. Lega und Cinque Stelle wollten den 81 Jahre alten früheren Industrieminister und Ökonomen Paolo Savona zum Wirtschafts- und Finanzminister machen. Savona ist ein euroskeptischer Denker und Kritiker Deutschlands. In seinen Memoiren, die bald veröffentlicht werden sollen und in Teilen schon bekannt sind, beschreibt er die Gemeinschaftswährung als einen "deutschen Käfig" und skizziert einen Plan für den Austritt Italiens.

Eine neutrale Übergangsregierung könnte Italien zu Neuwahlen führen

Mattarella mochte Savonas Berufung nicht hinnehmen und forderte die Koalitionäre dazu auf, ihm einen anderen Namen zu nennen. Die aber mochten nicht auf den Wunsch des Staatschefs eingehen. Savona hatte am Sonntag versucht, mit einem öffentlichen Brief seine Position zu klären und die Blockade zu lösen. Er schrieb darin, er wolle "ein starkes, aber anderes und gerechteres Europa". Offenbar war Mattarella dieses Bekenntnis aber nicht stark genug. Er hatte schon zu Beginn der Regierungsgespräche klar gemacht, dass er kein Kabinett dulden könne, das den Platz Italiens in Europa und der Welt fundamental in Frage stelle. Savona wäre der wichtigste Gesprächspartner für die Europäische Union in Brüssel gewesen.

So ist nun wahrscheinlich, dass Mattarella eine parteilose Übergangsregierung berufen wird, die Italien bis zu Neuwahlen führt. Nach dem Scheitern der Regierungsbildung hat Mattarella den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli in den Präsidentenpalast eingeladen. Cottarelli sei für Montag zum Gespräch gebeten worden, teilte ein Sprecher mit.

Der 64-Jährige war früher Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und 2013 Sparkommissar der Regierung unter Enrico Letta. Die Aufgaben einer Übergangsregierung wären begrenzt auf die Verabschiedung einiger weniger Geschäfte: einen Etat und womöglich ein neues Wahlgesetz. Da diese Regierung wahrscheinlich keine Mehrheit im Parlament haben wird, dürften die Wahlen bereits im Herbst stattfinden.

Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Republik, dass die Italiener zwei Mal im selben Jahr wählen. Am meisten verspricht sich davon Matteo Salvini von der Lega. In Italien herrscht die Meinung vor, er habe den Bruch mit Mattarella mit seinen beispiellosen Angriffen gegen die Präsidentschaft und mit seinem Ultimatum zu Savona gesucht. Sämtliche Meinungsumfragen zeigen, dass die Lega stark zulegt. Würde heute gewählt, könnte die stramme Rechtspartei mit 23 bis 25 Prozent der Stimmen rechnen - das wären zwischen sechs und acht Prozent mehr als am 4. März.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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