Regierungskrise in Italien:Draghi will nun doch weitermachen

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Ministerpräsident Mario Draghi bei seiner Rede am Mittwoch vor dem Parlament. (Foto: Andreas Solaro/AFP)

Der italienische Ministerpräsident kündigt an, im Amt zu bleiben, wenn sich die Koalitionsparteien geschlossen hinter ihn stellen. Die erste Vertrauensabstimmung steht am Abend an.

Nach seinem abgelehnten Rücktrittsangebot ist Mario Draghi doch bereit, italienischer Ministerpräsident zu bleiben. In einer Rede am Mittwoch im Senat forderte er die zuletzt zerstrittenen Regierungsparteien aber auf, sich geschlossen hinter ihn und die Exekutive zu stellen. Für den Abend ist eine Vertrauensabstimmung im Senat, der kleineren der beiden Parlamentskammern, anberaumt.

Draghi führt seit eineinhalb Jahren eine sehr breite Koalitionsregierung. Vergangene Woche aber verweigerte die Partei Cinque Stelle ihm bei einer Abstimmung über ein Hilfspaket in der Krise ihr Vertrauen. Auch wenn das Gesetz eine Mehrheit bekam, wolle er die gesamte Koalition hinter sich haben, sagte Draghi. Er reichte daraufhin seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella ein. Dieser wies das Ansinnen aber ab und forderte den 74 Jahre alten Regierungschef auf, sich im Parlament um eine neue Regierungsmehrheit zu bemühen.

Der Akt der Cinque Stelle sei eine klare politische Geste, sagte Draghi am Mittwoch in seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem Senat. Darin erläuterte er die bislang erreichten Ziele seiner Regierung, die gebildet wurde, um das Land aus der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Krise herauszuholen. "Ich war noch nie so stolz, Italiener zu sein", sagte Draghi. Er forderte jedoch: "Es braucht einen neuen Pakt des Vertrauens, der aufrichtig und korrekt ist, wie jener, der es uns bislang erlaubt hat, das Land zum Besseren zu verändern." Zum Ende seiner energisch geführten Rede fragte er die Senatoren: "Seid ihr bereit, den Vertrauenspakt wiederherzustellen?"

Die rechte Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia würden eine von Draghi geführte Regierung demnach unterstützen, wenn die Fünf-Sterne-Bewegung kein Teil davon ist. In seiner Antwort auf Draghis Rede sagte Massimiliano Romeo, Fraktionsvorsitzender der Lega im Senat, dass es eine neue Koalition und eine neue Mehrheit geben sollte. In einer gemeinsamen Erklärung betonen die beiden Parteien, dass sie für einen neuen Pakt über eine "tiefgreifend erneuerte" Regierung bereit seien.

Die Senatoren führen derzeit eine Generaldebatte, die auf Antrag der Forza Italia allerdings für eineinhalb Stunden unterbrochen wurde. Im Anschluss wird Draghis Replik und am Abend der Aufruf zur Vertrauensabstimmung erwartet. Gewinnt Draghi diese, muss er sich außerdem das Vertrauen in der größeren Abgeordnetenkammer aussprechen lassen. Die Sitzung dort ist für Donnerstag angesetzt.

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