Israel:Netanjahu düpiert Palästinenser

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Israel möchte die jüdischen Siedlungen zunächst ausweiten - erst danach könnte ein Baustopp folgen.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat am Freitag scharfe Kritik an den Plänen der israelischen Regierung geübt, den Bau in jüdischen Siedlungen im Westjordanland vor einem möglichen Baustopp noch zu beschleunigen.

In der Kritik: Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu (Foto: Foto: AP)

Chefunterhändler Saeb Erekat sagte, der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sei "in Wahrheit" nicht an der Wiederaufnahme von israelisch-palästinensischen Friedensgesprächen interessiert. Er zerstöre mit den Plänen für einen Ausbau jüdischer Siedlungen die Grundlage für Verhandlungen. "Wir wollen, dass der Siedlungsbau vollständig gestoppt wird", erklärte Palästinenserpräsident Machmud Abbas.

Jariv Oppenheimer von der israelischen Friedensgruppe Peace Now sagte, Netanjahu habe "nur einen virtuellen Baustopp" im Sinn. Er beabsichtige nicht, "auch nur einen Tag die Bauarbeiten ruhen zu lassen".

In der Nacht zu Freitag war bekanntgegeben worden, dass Netanjahu in der nächsten Woche den Bau von mehreren hundert neuen Wohnungen in jüdischen Siedlungen genehmigen werde - ungeachtet der andauernden Gespräche mit der US-Regierung über einen zeitlich befristeten Baustopp.

Wie die Tageszeitungen Jediot Achronot und Jerusalem Post übereinstimmend unter Berufung auf ein Kabinettsmitglied am Freitag berichteten, werde Netanjahu zunächst den Bau der Wohnungen bewilligen und anschließend ein Bau-Moratorium erwägen. Ein zeitlich befristeter Baustopp solle demnach allerdings erst dann erfolgen, wenn arabische Staaten wie etwa Saudi-Arabien mit Gesten Israel entgegenkämen.

Lange Umwege

Jerusalem wünscht sich etwa, dass Verkehrsflugzeuge der israelischen Fluggesellschaft El Al auf dem Weg nach Fernost Saudi-Arabien überfliegen können. Bislang müssen Maschinen der El Al auf Flügen nach Indien und Hongkong stundenlange Umwege einplanen.

Das Königshaus in Saudi-Arabien ist trotz mehrfacher Aufforderungen der US-Regierung nicht bereit, diesem Wunsch zu entsprechen und weist darauf hin, dass es bereits mit der saudi-arabischen Friedensinitiative Israel entgegengekommen sei. Die Initiative, die erstmals 2002 vorgestellt worden war, sieht eine Normalisierung der Beziehungen arabischer Länder zum jüdischen Staat vor, wenn Israel sich unter anderem komplett aus dem Westjordanland zurückzieht und dort alle 121 jüdischen Siedlungen auflöst.

Nach Informationen israelischer Medien beabsichtigt die Regierung nicht nur den Bau von Hunderten neuer Wohnungen in jüdischen Siedlungen, sondern auch den Weiterbau von etwa 2500 Unterkünften, der bereits genehmigt worden war.

Angeblich habe die US-Regierung dem zugestimmt. Der US-Nahostbeauftragte George Mitchell, der seit drei Monaten mit der israelischen Regierung über Details eines Baustopps in den jüdischen Siedlungen verhandelt, wird nächste Woche erneut in Jerusalem erwartet.

Zu den Detailfragen gehört unter anderem jene, ob ein zeitlich befristeter Baustopp auch die Errichtung öffentlicher Gebäude wie Schulen und Kindergärten betreffe. Netanjahu werde kommende Woche den Ausbau jüdischer Siedlungen bewilligen, um sich mit seinen Koalitionspartnern gutzustellen, die gegen einen Baustopp sind, heißt es in Jerusalem. Erst dann wolle er ein Moratorium bekanntgeben. Im Gespräch ist ein Zeitraum zwischen sechs und neun Monaten.

Die Palästinenser verlangen einen Baustopp in den jüdischen Siedlungen als Bedingung für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen. Bislang hatte es geheißen, US-Präsident Barack Obama wolle Ende September am Rande der UN-Generalversammlung ein Gipfeltreffen mit Netanjahu und Palästinenserpräsident Machmud Abbas abhalten. Der geplante Bau zusätzlicher neuer Wohnungen in jüdischen Siedlungen könnte das Gipfeltreffen nun gefährden.

© SZ vom 5.9.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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