Israel:Ausschreitungen in Tel Aviv nach Netanjahus Rede zu Justizreform

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In wenigen Tagen soll das umstrittene Gesetz in Israel verabschiedet werden. Der Ministerpräsident verteidigt das Vorhaben - und löst heftige Proteste aus. Mehrere Menschen werden festgenommen.

Bei Protesten gegen die umstrittene Justizreform der israelischen Regierung ist es in Tel Aviv zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Protestierende blockierten am Donnerstagabend für mehrere Stunden eine Autobahn und legten Feuer, wie auf Bildern und Videos in den sozialen Medien zu sehen ist. Es kam zu Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften. Hunderte weitere Menschen setzten einen fast 70 Kilometer langen Marsch von Tel Aviv nach Jerusalem fort. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und war teils mit Pferden unterwegs, um die Protestierenden zu stoppen. Der Zeitung Times of Israel zufolge wurden mindestens 15 Menschen festgenommen.

Zuvor hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das umstrittene Vorhaben seiner Regierung zur Schwächung der Justiz verteidigt. Ein Gesetz, das im Rahmen der Reform in den kommenden Tagen verabschiedet werden soll, werde "die Demokratie stärken", sagte er in einer Ansprache. Netanjahu betonte, dass weiterhin Anstrengungen unternommen würden, um eine Einigung über das Gesetzesvorhaben zu erzielen. Wie diese Bemühungen aussehen, ließ er offen.

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Das Gesetz könnte Medien zufolge bereits kommenden Montag oder Dienstag in Kraft treten. Dem Obersten Gericht wäre es dann nicht mehr möglich, Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister als "unangemessen" zu bewerten.

Kritiker befürchten, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte. Seit Monaten gehen immer wieder Zehntausende Gegner der Reform auf die Straßen. Druck kam zuletzt auch aus dem Militär. Medienberichten zufolge haben bereits Tausende Reservisten angekündigt, aus Protest gegen die Pläne der rechts-religiösen Regierung nicht mehr zum Dienst erscheinen zu wollen. "Die Armee kann die Regierung nicht beugen", sagte Netanjahu. "Israel wird weiterhin liberal und demokratisch sein, es wird nicht zu einem Staat des religiösen Rechts werden und es wird die Rechte aller schützen", sagte Netanjahu. Kritiker der Justizreform sehen die Gewaltenteilung und damit die Demokratie in Gefahr. Viele befürchten zudem einen wachsenden Einfluss von Religion.

An Netanjahus Koalition sind auch religiöse Hardliner beteiligt, die auf eine Schwächung der Justiz drängen. Netanjahu hält die Opposition verantwortlich für das Scheitern eines Dialogs, um einen Konsens bei der Reform zu erzielen. Mehrere Politiker der Opposition warfen dem Regierungschef Lügen und Täuschungen in seiner Ansprache vor.

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