Israel:Der neue Mossad-Chef - sie nennen ihn "das Model"

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Der 54-jährige Yossi Cohen war zuletzt Sicherheitsberater von Premier Netanjahu. Begonnen hat er seine Karriere allerdings vor mehr als 30 Jahren beim Mossad. (Foto: Omer Messinger/dpa)
  • Yossi Cohen wird der neue Chef des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad.
  • Der 54-Jährige begann seine Karriere beim Mossad und war zuletzt Sicherheitsberater von Premier Netanjahu.
  • Die Bekanntmachung des attraktiven Cohen als künftigen Chef erinnert an Oscar-Verleihungen - oder einen Model-Wettbewerb.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Sein Name ist Cohen, Yossi Cohen, und das ist gewiss einer der durchschnittlichsten Namen, die man in Israel finden kann. Sein neuer Job allerdings ist alles andere als durchschnittlich, und deshalb wird er in seiner Heimat jetzt gern mit einem Mann namens Bond verglichen, James Bond. Denn erstens ist Yossi Cohen ein Spion wie Bond und obendrein so erfolgreich, dass er nun zum Chef des legendären Auslandsgeheimdienstes Mossad befördert wurde.

Und zweitens kommt er auch noch so attraktiv und adrett daher, dass ihn die Kollegen immer schon gern "Das Model" nannten. Die Maßanzüge und polierten Schuhe ändern allerdings nichts daran, dass sich Cohen gewiss auch gut auf schlammigem Untergrund bewegen kann. Zum Mossad stieß der 54-Jährige vor mehr als drei Jahrzehnten. Einst soll er in Europa stationiert gewesen sein, Konkreteres ist dazu umständehalber nicht bekannt. Später stieg er auf zum Leiter der Tsomet-Abteilung, die beim Mossad fürs Kerngeschäft zuständig ist: die Rekrutierung und Führung von Spionen. Dort hat er sich so bewährt, dass er zum Vize-Präsidenten des Dienstes avancierte - und dann von Premierminister Benjamin Netanjahu abgeworben wurde. Der Regierungschef machte Cohen 2013 zu seinem Nationalen Sicherheitsberater. Die beiden funktionierten offenbar kongenial, weshalb es Experten wenig wundert, dass Netanjahu seinen Vertrauten nun zurück zum Mossad und damit auf einen der für Israels Sicherheit wichtigsten Posten beordert hat.

Wie eine Oscar-Verleihung

Gekürt wurde der neue Chef-Spion in einer live im Fernsehen übertragenen Erklärung Netanjahus, die manche Kommentatoren peinlich berührt hat, weil sie sich an Oscar-Verleihungen oder eben Model-Wettbewerbe erinnert fühlten. Ein Stilbruch ist dies in jedem Fall gewesen, schließlich war der Posten vor nicht allzu langer Zeit noch so geheim, dass der Name des Mossad-Chefs so bedeckt gehalten wurde wie die Operationen. Doch außer am Prozedere gab es wenig Kritik. Die Qualifikation des Ernannten, der sich in der engeren Auswahl gegen zwei andere Mossad-Eigengewächse durchsetzte, steht außer Frage, und wer ihn in den vergangenen zweieinhalb Jahren in seiner öffentlichen Rolle als Sicherheitsberater erlebt hat, konnte sich von Cohens Charme und Cleverness überzeugen.

Das Rampenlicht aus seiner Zeit als Sicherheitsberater bringt es auch mit sich, dass von Cohen ungewöhnlich viel Privates bekannt ist. Er entstammt einer religiösen Familie, was die Ausbildung in einer Jeschiwa, einer jüdischen Religionsschule, einschloss. Vier Sprachen spricht er fließend: Hebräisch, Englisch, Französisch und Arabisch. Seine Frau arbeitet als Krankenschwester in der Onkologie, er ist stolz auf vier Kinder und ein Enkelkind, und in seiner Freizeit widmet er sich gern dem Laufen bis hin zum Marathon. Für Familie und Hobbys allerdings dürfte die Zeit knapp werden, wenn er im Januar sein Amt antritt. Denn ganz oben auf seiner Agenda steht ein Thema, das die Welt womöglich schon abgehakt hat, aber das Israel immer noch sehr beschäftigt: die iranische Gefahr. Mit der Materie ist Cohen bestens vertraut, in seine frühere Zeit beim Mossad fielen mutmaßliche Sabotage-Akte wie der Stuxnet-Virus, der das Nuklearprogramm befiel, sowie eine Serie mysteriöser Morde an iranischen Atom-Wissenschaftlern. Obendrein muss er sich auch noch mit der wachsenden Terrorbedrohung durch den sogenannten Islamischen Staat befassen und in Netanjahus Auftrag Kontakte knüpfen zu muslimischen Staaten, mit denen Israel keine diplomatischen Beziehungen unterhält.

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Die offene Frage ist, ob er aus dem Schatten von Premier Netanjahu treten wird. Von manchen seiner Vorgänger ist bekannt, dass sie bisweilen auch die Regierung vor allzu waghalsigen Manövern warnten. Cohen dankte Netanjahu nach der Ernennung für das Vertrauen. Den Israelis versprach er, die schwierige Aufgabe "ruhig, bescheiden und mit sicherer Hand" anzugehen.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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