Israel:Verehrtester!

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Im November will Israels früherer Premierminister Benjamin Netanjahu wieder an die Macht. Seine Likud-Partei wirbt mit Plakaten - und mit kleinen Goldanhängern. (Foto: Imago Stock & People/Imago)

Netanjahus Antlitz in Gold für seine Fans - das ist sogar ihm selbst peinlich.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Der Götzendienst steht in der Bibel nicht sonderlich hoch im Kurs. Als die Israeliten einst nach dem Auszug aus Ägypten um das Goldene Kalb herumtanzten, da zürnte Gott, und Moses warf das Ding erbost ins Feuer. Das hat bei manchen die Sensibilität geschärft bis heute und mag die aktuelle Aufregung erklären um ein kleines goldenes Medaillon, auf dem Benjamin Netanjahu prangt mit dem Davidstern und Israels Flagge im Hintergrund.

Es ist ein Anhänger für die treuesten seiner Anhänger, der nun im aufziehenden Wahlkampf ins Angebot kam. Für 99 Schekel (umgerechnet knapp 30 Euro) gibt es die Kette in Gold, für 79 Schekel in Silber - nicht echt, aber ehrlich gemeint. Es stürzen sich jedoch nicht nur die Fans darauf, sondern auch die Kritiker. Für sie ist dies ein Anlass für Hohn und Spott und den Vorwurf, ein solcher Personenkult entlarve seine Likud-Partei als neue Sekte.

Die öffentliche Aufmerksamkeit hat das Schmuckstück durch ein zu Beginn dieser Woche gepostetes Video erregt. Es zeigt eine Dame namens Heidi Mozes, die sich zur Wahl am 1. November um einen Likud-Listenplatz bewirbt und zu Werbezwecken dem früheren Außen- und Finanzminister Israel Katz einen dieser Netanjahu-Anhänger umhängen will. "Dies ist ein Zeichen der Loyalität zu unserer Partei", erklärt sie dabei und preist Netanjahu als "wunderbaren Bald-wieder-Premierminister". Katz, der zwischenzeitlich mit Nachfolge-Ambitionen aufgefallen war, ist dies sichtbar peinlich. Er reichte das Präsent gleich zur Seite weiter und erklärte das auf Twitter damit, dass er nie Halsketten trage.

Die Verehrung für Netanjahu ist indes kein neues Phänomen. Als "König Bibi" lassen ihn seine Wähler schon lange hochleben. Vorige Woche erst hatte sich der Likud-Abgeordnete Schlomo Karhi auf einem Foto neben einer goldenen Netanjahu-Büste gezeigt. Und 2016 stand sogar einmal eine lebensgroße Netanjahu-Statue, in Gold natürlich, auf dem zentralen Tel Aviver Rabin-Platz. Das allerdings war eine subversive Kunstaktion, die plangemäß damit endete, dass Netanjahu vom Sockel gestoßen wurde.

Die Kette wird nun verkauft, um ihn nach dem tatsächlichen Machtverlust vor einem Jahr wieder auf den Sockel zu heben. Vertrieben wird sie nicht direkt vom Likud, sondern von Aktivisten, die auf ihrer Website "Only-Bibi.com" die Käufer auffordern, das Medaillon mit Stolz zu tragen, zu fotografieren und zu posten. "Je mehr Menschen es tragen, desto eher verstehen die Linken, dass wir noch hier sind", heißt es dort.

Offenkundig jedoch hat inzwischen Netanjahu verstanden, dass zu viel Goldgepränge kontraproduktiv sein kann, zumal es in seinem Korruptionsprozess gerade um teure Geschenke von reichen Gönnern geht. Er meldete sich nun ebenfalls per Video zu Wort. "Wir brauchen keine Schmuckanhänger und wir brauchen keine Loyalitätsschwüre", erklärt er dort. "Unsere einzige Loyalität gilt unseren Werten." Heidi Mozes jedoch beharrt darauf, dass Netanjahu eine solches Medaillon verdient habe. Und Raz Pereg, der das Ding entworfen hat und nun verkauft, berichtete in einem Interview, dass die Nachfrage überwältigend sei und bei ihm das Telefon nicht mehr still stehe.

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