Referenden:Verfassungsänderung zu Frauenrechten in Irland gescheitert

Lesezeit: 2 min

In der Royal Dublin Society wurden Stimmzettel gezählt. (Foto: Damien Storan/dpa)

Der Familienbegriff sollte erweitert und eine anachronistische Formulierung zur Frau im Haushalt geändert werden.

Irlands Regierung ist mit zwei Referenden gescheitert, bei denen es darum ging, sexistische Formulierungen aus der Verfassung zu streichen. Mehr als zwei Drittel der teilnehmenden Wahlberechtigten stimmten gegen die Änderungsvorschläge, wie die Auszählung ergab. Ausgerechnet am Internationalen Frauentag am Freitag konnten 3,5 Millionen Wahlberechtigte in einer Doppelabstimmung entscheiden, ob der Familienbegriff erweitert und eine Formulierung zur Rolle von Frauen zu Hause geändert werden soll.

Regierungschef Leo Varadkar hatte am Samstag eine Niederlage eingeräumt. "Die Regierung akzeptiert das Ergebnis und wird es vollkommen respektieren", sagte er. "Es war unsere Verantwortung, eine Mehrheit der Menschen zu überzeugen, mit Ja zu stimmen, und wir sind eindeutig dabei gescheitert."

Frauenrechte
:"Geschlechtsloser Wortsalat"

In einem Referendum sollen Irlands Bürgerinnen und Bürger über mutmaßlich sexistische Formulierungen in der Verfassung abstimmen. Doch die Alternativen spalten das Land.

Von Michael Neudecker

Konkret konnte im ersten Referendum über einen erweiterten Familienbegriff entschieden werden. Artikel 41.1, der die Familie "als die natürliche, primäre und grundlegende Einheit der Gesellschaft" anerkennt, hätte ergänzt werden sollen um den Zusatz "Familie - unabhängig davon, ob sie auf einer Ehe oder einer anderen dauerhaften Beziehung beruht".

Beim zweiten Referendum ging es um die Rolle der Frau im Haushalt. Die Artikel, die gestrichen werden sollten, besagten, dass der Staat anerkenne, dass "die Frau durch ihr Leben zu Hause dem Staat eine Stütze ist, ohne die das Gemeinwohl nicht verwirklicht werden kann". Der Staat solle darauf hinwirken, dass Mütter nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit gezwungen würden, "unter Vernachlässigung ihrer häuslichen Pflichten" einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Diese Passage hätte ersetzt werden sollen mit einer geschlechtsneutralen Formulierung, zudem hätte die Bedeutung von Sorgearbeit verankert werden sollen.

Beide Passagen stammen aus dem Jahr 1937, als die Verfassung verabschiedet wurde. Uneinigkeit herrschte vor der Abstimmung nicht darüber, dass die Artikel nicht mehr zeitgemäß sind, sondern über die Alternativvorschläge der Regierung. Sie würden zu neuen Schwierigkeiten führen, mutmaßten Gegner vorher.

Tief enttäuscht über das Ergebnis zeigte sich der Nationale Frauenrat (NWC) in Irland. "Das Nein bedeutet, dass die Familien von über 40 Prozent der außerehelich geborenen Kinder und die über eine Million Menschen, die in unverheirateten Familien leben, in unserer Verfassung weiterhin nicht anerkannt werden", sagte NWC-Direktorin Orla O'Connor. Ihrer Meinung nach trugen mehrere Faktoren zu dem Ergebnis bei - die schlechte Formulierung der Sätze etwa und die mangelnde Führungsstärke der Parteien.

Ähnlich sieht das Kevin Doyle, Nachrichtenchef der Tageszeitung Irish Independent: "Die Debatte darüber, wie eine dauerhafte Beziehung mit einer Ehe zu vergleichen ist, verwirrte die Menschen. Einmal schlug der neutrale Vorsitzende der Wahlkommission vor, dass ein Dauerhaftigkeitstest auch die Frage beinhalten könnte, ob man als Paar Weihnachtskarten verschicke oder gemeinsam auf Hochzeiten gehe." Das sei nicht gut angekommen.

Bürgerinnen und Bürger hatten vor der Abstimmung in mehreren Medien gesagt, sie wüssten einfach nicht, worum es bei den Referenden gehe. Den Ausdruck "dauerhafte Beziehung" fanden manche zu vage. Der Artikel zur Sorgearbeit stieß ebenfalls auf Bedenken. So etwa bei Menschen, die sich für Menschen mit Behinderungen engagieren. Sie fürchteten, dass die neue Formulierung die Verantwortung für Pflege vom Staat auf die Familie verschieben könnte.

© SZ/dpa/nadl/min/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivGleichberechtigung
:Wie ungleich Frauen und Männer arbeiten

Weibliche Beschäftigte um die 40 verdienen in ihrem gesamten Berufsleben rund 700 000 Euro weniger als Männer. Dabei ließe sich daran gesellschaftlich und politisch viel ändern.

Von Alexander Hagelüken, Alexandra Ketterer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: