Die Hinrichtung des Journalisten Ruhollah Zam in Iran hat international große Empörung ausgelöst. Frankreich, wo Zam von 2009 an gelebt hatte, verurteilte "diesen schwerwiegenden Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit" auf das Schärfste. Das Außenministerium sprach von einer "barbarischen und inakzeptablen Handlung, die gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes verstößt".
Die Bundesregierung zeigte sich "entsetzt". Schockierend sei "besonders die vorausgehende Verschleppung aus dem Ausland". Deutschland fordere Iran auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren, alle politischen Gefangenen freizulassen und weitere Todesstrafen weder zu verhängen noch zu vollstrecken, teilte das Auswärtige Amt mit.
Eine ähnlich lautende Erklärung veröffentlichte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Es sei "unabdingbar", dass Iran rechtsstaatliche Standards aufrechterhalte und seine Praxis beende, Geständnisse im Staatsfernsehen zu verbreiten. Oft werden solche Aussagen mit Folter oder Drohungen erzwungen.
Teheran protestiert gegen die "Einmischung in innere Angelegenheiten"
Iran bestellte daraufhin laut Staatsmedien in Teheran den deutschen Botschafter als Vertreter der rotierenden EU-Ratspräsidentschaft ein und protestierte gegen die "anti-iranische Stellungnahme" sowie die "Einmischung in innere Angelegenheiten". Am Sonntag wurde auch der französische Botschafter einbestellt. Die Diplomaten sagten daraufhin ihre Teilnahme an einem europäisch-iranischen Wirtschaftsforum ab, das für diesen Montag vorgesehen war. Zu den Veranstaltern gehört die iranische Regierung, das Treffen wurde auf einen noch nicht bekannten Termin verschoben.
Zam war am Samstag laut einer Mitteilung der iranischen Justiz durch Erhängen hingerichtet worden, mutmaßlich in einem berüchtigten Gefängnis in Karadsch, westlich von Teheran. Die Revolutionsgarden unterhalten dort einen Flügel mit Isolationszellen, in denen politische Gefangene inhaftiert sind. Ein Revolutionsgericht in Teheran hatte den 47-Jährigen wegen "Verderbung auf Erden", Verschwörung gegen die nationale Sicherheit und anderen politischen Tatbeständen zum Tode verurteilt.
Zam hatte über seinen Kanal AmadNews auf dem in Iran populären Messenger-Dienst Telegram die landesweiten Demonstrationen zum Jahreswechsel 2017/2018 dokumentiert und wurde zu einer wichtigen Informationsquelle für viele Iraner. Das Regime hatte damals versucht, das Internet abzuschalten, um zu verhindern, dass Informationen und Videos sich in Iran verbreiten und die Proteste befeuern. Auch wollte Teheran vermeiden, dass das brutale Vorgehen der Polizei, der paramilitärischen Bassij-Milizen und der Revolutionsgarden dokumentiert und im Ausland bekannt wird.
Zam wurde im Irak gekidnappt und nach Iran verschleppt
Das Regime warf Zam vor, zu Gewalt aufgestachelt und eine Bauanleitung für Molotowcocktails verbreitet zu haben. Auf Druck Teherans suspendierte Telegram zeitweise den Kanal. Zam, der in Iran wie unter iranischen Exilanten umstritten war, hat die Vorwürfe immer zurückgewiesen.
Der Dissident und Blogger war nach der Niederschlagung der Grünen Revolution 2009 nach Frankreich geflüchtet und hatte dort Asyl erhalten. Er lebte unter Polizeischutz im Exil, bis er 2019 in den Irak reiste. Offenbar erhoffte der Sohn eines bekannten schiitischen Klerikers in Iran, in Kerbela Großayatollah Ali al-Sistani zu treffen und seine Unterstützung für die geplante Gründung eines Fernsehsenders zu gewinnen. Sistani gilt als einer der wichtigsten schiitischen Glaubensführer, die das politische System der Islamischen Republik ablehnen, das auf Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Chomeni zurückgeht.
Auf dieser Reise wurde Sam gekidnappt und nach Iran verschleppt, vermutlich von den Revolutionsgarden. Zumindest führten ihn diese im Oktober 2019 im Staatsfernsehen vor und teilten mit, ihn mit Täuschung und geheimdienstlichen Methoden verhaftet zu haben. Im Juni 2020 verurteilte ihn ein Revolutionsgericht, vergangenen Dienstag gab die Justiz bekannt, das Oberste Gericht habe das Todesurteil bestätigt. Mindestens zwei weitere Regimegegner sollen auf ähnliche Weise aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten verschleppt worden sein.
Ein britisch-iranischer Anthropologe wurde am Sonntag in Iran zu neun Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt. Ein Revolutionsgericht habe ihn für schuldig befunden, mit europäischen Botschaften für Homosexualität geworben zu haben und nach Israel gereist zu sein, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim. Der Anthropologe Kamil Ahmadi hat zur Zwangsverheiratung von Kindern und Genitalverstümmelung bei Frauen geforscht.