Iran:Zweiter Demonstrant hingerichtet

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Auch in der Türkei gibt es Proteste gegen die vom iranischen Regime vollstreckten Hinrichtungen gegen Protestanten. (Foto: IMAGO/Onur Dogman/IMAGO/ZUMA Wire)

Wegen "Kriegsführung gegen Gott" wurde der Angeklagte Majidreza Rahnavard öffentlich hingerichtet. Die Nachricht löst in Iran Wut und Empörung aus.

Nach Angaben der Staatsmedien ist in Iran ein zweiter Demonstrant hingerichtet worden. Der 23-jährige Majidreza Rahnavard wurde am Montag in der Stadt Maschhad im Nordosten des Landes öffentlich gehängt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Ihm wird vorgeworfen, während der Proteste im November zwei Mitglieder der berüchtigten paramilitärischen Basidsch-Miliz mit einem Messer getötet zu haben. Die Miliz wird vom Regime eingesetzt, um die Proteste in Iran niederzuschlagen.

Das Gericht hatte ihm "Kriegsführung gegen Gott" vorgeworfen und ihn gemäß islamischer Rechtsauffassung zum Tode verurteilt. Der 23-jährige Madschid-Resa R. war am 17. November verhaftet worden, so die Nachrichtenagentur. Innerhalb von 26 Tagen wurde er angeklagt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Einen rechtlichen Beistand hatte er Online-Berichten zufolge nicht. Neben der Tötung der beiden Miliz-Angehörigen soll er auch vier weitere verletzt haben.

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Mehrere Gruppen haben zum Protest am Tag der Menschenrechte aufgerufen. "Frauen, Leben, Freiheit" steht auf Schildern geschrieben, iranische Flaggen werden geschwenkt. Es soll der Beginn weiterer Aktionen sein.

Von Anna Hoben

Die Nachricht der Hinrichtung löste im Iran landesweit Empörung und Wut aus. "Wer Wind sät, wird Sturm ernten" oder "Wir werden das Blut der Unschuldigen rächen" waren wütende Reaktionen der Systemgegner in sozialen Medien. Eine weitere Hinrichtung wurde Medienberichten zufolge vorläufig verschoben. Der ebenfalls wegen "Kriegsführung gegen Gott" verurteilte Mahan S. sollte demnach am Sonntag im Radschaei-Schahr Gefängnis westlich der Hauptstadt Teheran gehängt werden. Der 23-Jährige soll während der Proteste ein Basidsch-Mitglied mit einem Messer verletzt und dessen Motorrad angezündet haben.

Deutsche Politik verurteilt die Hinrichtungen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die erneute Hinrichtung scharf verurteilt. Das Vorgehen des Mullah-Regimes in Teheran gegen die Protestbewegung sei ein "unverhohlener Einschüchterungsversuch", sagte Baerbock vor Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Die Menschen würden bestraft "allein dafür, dass sie ihre Meinung auf die Straße tragen, allein dafür, dass sie wie wir in Freiheit leben wollen", sagte die Grünen-Politikerin.

Die Außenministerinnen und Außenministern der Europäischen Union wollen bei ihrem Treffen in Brüssel ein neues Sanktionspaket verabschieden: Mit den neuen EU-Sanktionen würden diejenigen ins Visier genommen, die für die Hinrichtungen verantwortlich seien, sagte Baerbock. Dazu gehörten einerseits Mitglieder der Revolutionsgarden, aber andererseits auch diejenigen, die die Menschen auf den Straßen einschüchterten. "Wir stehen an der Seite der unschuldigen Menschen in Iran."

Die Demonstrationen im Iran wurden durch den Tod von Mahsa Amini ausgelöst. Die Frau starb im September, nachdem sie wohl in Polizeigewahrsam schwerste Kopfverletzungen erlitten hatte. Sie war von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen haben soll. Nach ihrem Tod gingen landesweit Menschen auf die Straße. Ging es am Anfang vor allem um Rechte für Frauen, haben sich die Demonstrationen mittlerweile zu einem grundsätzlichen Protest gegen das iranische Regime entwickelt. Die Regierung geht hart dagegen vor - Hunderte Menschen sind seither ums Leben gekommen.

Bereits am vergangenen Donnerstag war der Rap-Musiker Mohsen Shekari hingerichtet worden. Er soll ein Basidsch-Mitglied mit einer Waffe angegriffen, Schrecken verbreitet und eine Straße blockiert haben. Seine Hinrichtung wurde im In- und Ausland scharf verurteilt, Deutschland hatte als Reaktion den iranischen Botschafter einbestellt. Insgesamt stehen Medienberichten zufolge mindestens 25 Demonstranten auf der Todesliste der iranischen Justiz.

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