Irak:Maliki spekuliert auf neue Amtszeit

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Radikale Islamisten bieten dem irakischen Premier Hilfe bei der Regierungsbildung an - so könnte der abgewählte Politiker Regierungschef bleiben.

Tomas Avenarius

Der abgewählte irakische Premierminister Nuri al-Maliki kommt seinem Ziel näher, ungeachtet seiner Niederlage Regierungschef zu bleiben. Die Partei des radikal-islamischen Predigers Moktada al-Sadr gab nun zu verstehen, dass sie eine neue Maliki-Regierung unterstützen würde. Bisher hatte Sadrs Partei der "Freien", die bei der Parlamentswahl am 7. März sehr gut abgeschnitten hatte, Maliki abgelehnt.

Der abgewählte irakische Premierminister Nuri al-Maliki könnte Regierungschef bleiben. (Foto: Foto: AP)

Maliki braucht eine breite Koalition, um ein neues Kabinett zu bilden. Sein Parteienbündnis "Rechtsstaat" war bei der Wahl um zwei Sitze unterlegen. Oppositionskandidat Ijad Allawi hatte mit seinem Bündnis "Iraqiya" mehr Mandate gewonnen.

Maliki blockierte seitdem eine Regierungsbildung, sprach von Wahlfälschung und setzte eine Neuauszählung der Stimmen für Bagdad durch. Diese hat dem Vernehmen nach aber keine Beweise für Fälschungen ergeben. Die Wahlkommission erklärte am Sonntag, an der Sitzverteilung habe sich nichts geändert. Die seit mehr als zwei Monaten auf Eis liegende Regierungsbildung hat zu einem Machtvakuum im Irak geführt. Seit der Wahl steigt die Zahl der Terrorangriffe wieder.

Irakische und amerikanische Soldaten hatten vor einigen Wochen zwar die Anführer der beiden wichtigsten sunnitischen Terrororganisationen getötet. Der Iraker Abu Omar al-Baghdadi vom "Islamischen Staat im Irak" und der Ägypter Abu Ajub al-Masri von al-Qaida im Irak wurden in Tikrit erschossen, nachdem ein Überläufer sie verraten hatte.

Trotz dieses Erfolgs kam es in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Anschlägen. Der "Islamische Staat im Irak" und al-Qaida im Irak gaben bereits die Namen neuer Chefs bekannt. Die Führung der über al-Qaida im Irak stehenden Dachorganisation "Islamischer Staat im Irak" sei einem Iraker mit dem Kampfnamen Abu Bakr al-Baghdadi al-Husseini al-Quareishi übertragen worden, erklärte die Organisation. Sein Vize heiße Abu Abdullah al-Hassani al-Quareishi. Al-Qaida im Irak hatte jüngst einen Mann namens al-Nasr als Führer bekannt gegeben.

Maliki setzt trotz alledem offenbar darauf, dass die Zeit für ihn arbeitet. Ende August soll ein Großteil der US-Kampftruppen den Irak verlassen. Eine stabile Bagdader Regierung erscheint zwingend für den Abzug. In Washington wird bereits überlegt, den Teilabzug um einen Monat hinauszuzögern. Malikis Gegner Allawi warnte unterdessen davor, dass dem Land ein Bürgerkrieg drohe, wenn er und seine Wähler um ihren Erfolg betrogen würden. Allawi hatte einen Teil seiner Stimmen von den Sunniten bekommen, die in keiner der Regierungen seit dem Sturz der Saddam-Diktatur angemessen vertreten waren.

Mit den Parlamentssitzen der schiitisch-islamistischen Parteien der Nationalen Allianz käme Maliki einer Koalitionsregierung deutlich näher. Sadrs Partei gehört zur Nationalen Allianz. Für eine Unterstützung Malikis verlangte er, dass alle seine inhaftierten Gefolgsleute frei kämen. Sadr ist der Mann hinter der schiitischen Mahdi-Miliz.

© SZ vom 17.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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