Internationale Konferenz in Kabul:Afghanen sollen ihr Land selbst führen

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"Meilenstein auf einem schwierigen Weg:" Die Nato will bis 2014 das Kommando an die örtliche Armee in Afghanistan abgeben - sich aber trotzdem nicht völlig zurückziehen.

Daniel Brössler und Tobias Matern

Regierung und internationale Gemeinschaft wollen in Afghanistan den Weg für eine echte Souveränität des Landes ebnen. Bis zum Ende des Jahres 2014 soll die afghanische Armee die Verantwortung für alle Militäroperationen im Land übernehmen. Das bedeutet aber noch nicht den Abzug aller ausländischen Truppen.

Lächeln für die Zukunft Afghanistans: Präsident Hamid Karsai (links) und US-Außenministerin Hillary Clinton (Mitte) wagten am Dienstag einen demonstrativen Bummel durch einen Kabuler Basar. Tausende Polizisten mussten die Politiker schützen, die zur internationalen Afghanistan-Konferenz angereist waren. (Foto: ap)

"Wir sind uns alle einig, dass der Übergang zu afghanischer Führung der Schlüssel zur Nachhaltigkeit ist", sagte Präsident Hamid Karsai am Dienstag zu Beginn der ersten internationalen Konferenz über die Zukunft Afghanistans, die im Land selbst stattfinden konnte. In der Abschlusserklärung sichert die internationale Gemeinschaft Afghanistan Unterstützung bei dem Vorhaben zu, in allen Provinzen bis 2014 militärisch die Führung zu übernehmen. Schon im kommenden Jahr soll das in einzelnen Provinzen geschehen. Die afghanische Armee soll von derzeit 130.000 Soldaten bis Oktober 2011 auf 172.000 Mann anwachsen.

Als "Meilenstein auf einem langen und schwierigen Weg" bezeichnete US-Außenministerin Hillary Clinton die Kabuler Konferenz. Sie versicherte, es bestehe "keine Absicht, unsere langfristige Mission im Stich zu lassen". Die westliche Gemeinschaft sei verdammt zu einem Erfolg in Afghanistan. "Die Geschichte wird uns zur Rechenschaft ziehen", sagte Clinton. In den nächsten Monaten soll die Zahl der am Hindukusch stationierten Nato-Soldaten mit 150 000 ihren Höhepunkt erreichen, bevor US-Präsident Barack Obama von Juli 2011 an einen Truppenabzug einleiten will.

Die Bundesregierung sei mit dem Ergebnis der Konferenz ihrem Ziel, "in dieser Legislaturperiode einer Abzugsperspektive zu bekommen, einen Schritt näher gekommen", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Das sei nicht gleichbedeutend mit einem vollständigen Abzug, stellte er klar. Eine Reduzierung des Bundeswehr-Kontingents in Afghanistan im kommenden Jahr sei realistisch, wenn die Übergabe erster Provinzen in die Verantwortung afghanischer Sicherheitskräfte gelinge, sagte er. Zahlen wollte er nicht nennen. Das derzeit gültige Mandat des Bundestags erlaubt die Stationierung von bis zu 5350 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch.

Die Konferenz billigte ein von Präsident Karsai gefordertes Programm zur Aussöhnung mit den Taliban. Frieden mit den Aufständischen zu schließen, sei ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur vollständigen Wiederherstellung der afghanischen Souveränität, sagte Westerwelle. Allerdings haben sich die Taliban bislang jeglichen Angeboten verweigert und der Nato im Juni den blutigsten Monat seit Beginn des Einsatzes bereitet.

Die afghanische Regierung verlangte auf der Konferenz mehr Geld für den eigenen Haushalt. Wegen der wuchernden Korruption umgehen viele westliche Staaten die Regierung bei Hilfszahlungen. Nur 20 Prozent dieses Geldes werden über staatliche Stellen abgewickelt.

Ein massives Sicherheitsaufgebot überwachte die Konferenz. Raketenangriffe auf den Flugplatz von Kabul behinderten die Anreise des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon und des schwedischen Außenministers Carl Bildt. Wie Bildt berichtete, wurde sein Flugzeug umgeleitet, bevor er und Ban Ki Moon nach Kabul weiterfliegen konnten.

© SZ vom 21.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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