Informationsbeschaffung:Jedes Bild eine Botschaft

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Westliche Geheimdienste können aus den Fotos von Kim Jong-un einige Schlussfolgerungen ziehen. (Foto: KCNA/dpa)

Geheimdienste können aus den Fotos von Kim Jong-un und seinen Raketen viel herauslesen. Pjöngjang stellt diese bereitwillig ins Netz.

Von Stefan Kornelius

Der Tumblr-Blog kimjongunlookingat-things mag für Nordkorea-Freunde eine lustige Sammlung der jüngsten Fotos des nordkoreanischen Diktators sein. Für Geheimdienste in aller Welt handelt es sich aber um eine wichtige Informationsquelle. Denn kein Bild des jungen Kim verlässt Nordkorea, ohne dass damit eine Botschaft verbunden wäre. Ob Kim auf Krankenhausbetten, Flughafen-Lounges oder Fischfabriken starrt: Jedes Foto vermittelt eine Nachricht, und ganz besonders jene Bilder, die den Diktator mit Raketen oder militärischen Bauteilen zeigen.

So dauerte es keine 24 Stunden, ehe Nordkorea Bilder vom jüngsten Raketenstart ins Netz gestellt hatte. Was die Experten darauf sahen, rang ihnen tiefe Seufzer ab. Wer also wissen will, warum gerade jetzt der Countdown im Konflikt mit Nordkorea läuft, der muss die Bild-Analysten fragen. Denn die haben nach dem Start der Hwasong 15 am 29. November viel gelernt über den Stand der Konfrontation zwischen Nordkorea und den USA.

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Besonders aufschlussreich war ein Video, das Kim neben einem Bildschirm zeigte, auf dem offenbar Aufnahmen aus dem Inneren der Raketenspitze zu sehen waren. Weil zwischen der Raketenhülle und der Gefechtskopf-Attrappe noch Platz war, gehen Experten des US-Geheimdienstes CIA und des Geheimdienstes der nationalen Luft- und Raumfahrtbehörde davon aus, dass die Rakete nicht das volle Gewicht eines Nuklearsprengkopfes trug.

Das ist bedeutend, weil das Gesamtgewicht die Reichweite der Rakete bestimmt. Ob Nordkorea also tatsächlich das US-Festland mit einem schweren Sprengkopf treffen kann, ist weiter unbewiesen. Aber: Es ist noch Platz für eine größere Nutzlast. Das ist die eigentliche Botschaft.

Andere Erkenntnisse deuten ebenfalls auf eine gesteigerte Bedrohung: Die Rakete wurde von einer mobilen Startvorrichtung abgeschossen und im Liegen befüllt - das macht sie weniger leicht entdeckbar. Ein Präventivschlag vor einem Raketenstart wird somit schwerer. Allerdings ließen die US-Dienste wissen, sie hätten die Startvorbereitungen mindestens 72 Stunden im Voraus entdeckt.

Zwei Stunden vor dem Start wurde die Rakete von ihrem neunachsigen Transporter aufgerichtet. Der Schwerlaster ist ebenfalls eine Neuentwicklung, basierend auf dem Modell eines chinesischen Holztransporters. Kim wurde zuvor vor den Reifen des Fahrzeugs abgelichtet.

Zwei Booster-Triebwerke für den Start

Ein untrügliches Zeichen für einen bevorstehenden Start ist auch der Bau eines Observations-Zentrums für Kim Jong-un in der Nähe der planierten und betonierten Rampe. Ende November brachte Nordkorea einen eigens konstruierten, mobilen Wohnwagen in die Gegend, der mit Beobachtungstechnik und einer großen Panoramascheibe ausgestattet war.

Bleiben die Triebwerke sowie Durchmesser und Länge des Geschosses, die erklären, warum die Hwasong 15 so weit fliegen kann. Zwei Booster-Triebwerke für den Start und die doppelte Füllmenge für die zweite Flugphase erklären den spektakulären Testerfolg. Kim wollte die Welt davon in Kenntnis setzen. Und die US-Dienste haben zurücksignalisiert: Wir haben verstanden. Und wissen sogar noch ein bisschen mehr.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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