Mit scharfen Worten hat Außenminister Heiko Maas (SPD) auf den außenpolitischen Kurs von US-Präsident Donald Trump reagiert. Sein Nein zum Klimavertrag, seine Kündigung des Iran-Abkommens und seine Zoll-Angriffe seien allesamt einseitige Entscheidungen zum Schaden Europas, kritisierte der SPD-Politiker. Trump nehme "bewusst in Kauf, dass die Nachteile sich unmittelbar in Europa auswirken", sagte Maas der SZ. "Wir erleben eine sehr weit reichende Veränderung", betonte der Außenminister. Trump wende sich ab von der multilateralen Ordnung und handele nur noch einseitig nach amerikanischen Interessen.
Die Bundesregierung hatte sich bislang mit Kritik zurückgehalten, trotz des Ärgers über die jüngsten Handelsbeschlüsse der Trump-Regierung. Maas wählt nun deutliche Worte, um sich von deren Politik zu distanzieren. Der US-Präsident verfolge eine Linie, bei der ein Land über das andere gestellt werde. "Nichts davon wird die Welt besser, sicherer oder friedlicher machen", warnte der Außenminister.
Besonders scharf kritisierte er die Aufkündigung des Iran-Abkommens. Der Schritt berühre massiv Europas Sicherheitsinteressen. Entsprechend groß seien die Konsequenzen.
"Neue Wege gehen bei der Suche nach Partnern"
"Wir waren gewohnt, dass man sich auf das verlassen konnte, was vereinbart wurde. Das hat sich grundlegend verändert", sagte Maas. Er fügte hinzu, dass die USA "außerhalb Europas unser engster Partner bleiben". Gleichwohl sei der politische Atlantik breiter geworden: "Es gibt Differenzen, die können wir nicht mehr unter den Teppich kehren."
Als Konsequenz aus dem Verhalten Washingtons fordert er von der EU, sich noch enger zu verbinden. Er befürwortete die Schaffung eines europäischen Sicherheitsrates - eine Idee, die der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem damaligen französischen Kollegen Jean-Marc Ayrault entworfen hatte und die mittlerweile auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt wird.
Mit Blick auf eine engere Verzahnung innerhalb der EU plädiert Maas auch dafür, das Einstimmigkeitsprinzip in der Außen- und Sicherheitspolitik aufzubrechen. Halte man stattdessen daran fest, würden immer wieder einzelne EU-Staaten Beschlüsse verhindern. "Wir brauchen hier Veränderungen, um handlungsfähig zu sein und viel besser und schneller reagieren zu können", sagte Maas.
Der Außenminister plädiert außerdem dafür, sich im großen Umfang um neue Bündnisse zu bemühen. Nötig sei vor allem ein "Bündnis derer, die die multilaterale Weltordnung erhalten wollen", so der SPD-Politiker. Maas denkt dabei an Länder wie Kanada, aber auch an Staaten in Afrika, in Lateinamerika und in Asien. "Wir müssen eindeutig neue Wege gehen bei der Suche nach Partnern."
"Es geht um gewaltige Veränderungen und Machtverschiebungen"
Mit Blick auf die großen Krisen der Zeit sei das ohnehin schon der Fall, betonte Maas. Immer häufiger komme es zu sogenannten "Projektpartnerschaften" jenseits von Nato und EU. Im Ringen um das Atomabkommen suchten die Europäer gemeinsam mit Russen und Chinesen nach einer Lösung; im Bemühen um ein Ende des Syrien-Konflikts arbeite man mit Amerikanern, Saudis und Jordaniern an Möglichkeiten, den Krieg zu stoppen. "Viele Gewissheiten der letzten Jahrzehnte sind nicht mehr die Gewissheiten der Gegenwart", sagte Maas.
Das gilt nach Ansicht von Maas auch für das Verhältnis zu China. Hier verbinden sich die Hoffnungen auf mehr Kooperation mit großen Sorgen vor dem wachsenden Einfluss Pekings. "Es geht um gewaltige Veränderungen und Machtverschiebungen", warnte Maas. China habe die Freiräume erkannt, die andere jetzt lassen - und nutze diese jetzt ganz strategisch. "Das kann man gar nicht überschätzen", warnte der Außenminister.
Zur für diesen Freitag geplanten Wahl Deutschlands in den UN-Sicherheitsrat sagte Maas: "Wir brauchen funktionierende Vereinte Nationen." Andere wollen die Organisation schwächen, Deutschland aber wolle verhindern, dass die UN immer mehr an Einfluss verlören. "Der Sicherheitsrat ist nicht verlorene Liebesmüh, sondern unseren ganzen Einsatz wert", sagte Maas.