Handelsstreit:Weltweit Erleichterung über Handelsdeal

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Nach der Einigung zwischen EU-Kommissions-Chef Juncker und US-Präsident Trump zeigen sich Bundesregierung, Industrie und Börsen zufrieden. Doch Frankreich meldet Bedenken an.

Von Daniel Brössler und Claus Hulverscheidt, Brüssel/New York

Die überraschende Annäherung der USA und der EU im Handelsstreit hat weltweit Erleichterung ausgelöst, aber auch Unverständnis geerntet und neue Fragen aufgeworfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, es seit gut, dass beide Seiten wieder konstruktiv miteinander umgingen. Ähnlich äußerte sich die deutsche Autoindustrie, der Trump wiederholt mit Strafzöllen gedroht hatte. Frankreich dagegen warf der EU-Kommission vor, sich dem Druck Washingtons gebeugt zu haben. Präsident Emmanuel Macron lehnte am Donnerstag sowohl ein umfassendes Handelsabkommen mit den USA als auch jede Einbeziehung des Agrarsektors in die Verhandlungen ab.

Damit ist unklar, welchen Wert der Kompromiss haben wird, auf den sich US-Präsident Donald Trump und Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwochabend verständigt hatten. Laut Vereinbarung wollen sich beide Seiten um die Beseitigung aller Handelsbarrieren für möglichst viele Industriegüter bemühen, auch will die EU mehr Sojabohnen und Flüssiggas in den USA einkaufen. Welche Länder hier vorangehen sollen, ist aber offen. Zudem soll die Welthandelsorganisation so umgebaut werden, dass sie besser gegen "unfaire Handelspraktiken" wie Ideenklau vorgehen kann. Im Visier haben Washington und Brüssel hier China. Trump, der die EU jüngst noch als "Feind" bezeichnet hatte, verbreitete ein Foto, das ihn in inniger Umarmung mit Juncker zeigt. Die EU und die USA "lieben sich", schrieb er dazu.

In Brüssel wies man die Befürchtungen Frankreichs und anderer zurück, die Kommission wolle die schon unter Trumps Vorgänger Barack Obama gescheiterten Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP wieder aufnehmen. Man werde vielmehr sehr begrenzt über Zollfreiheit von Industriegütern mit Ausnahme von Autos verhandeln, hieß es aus der EU-Kommission. Das sei "kein TTIP light". Juncker sei auch seiner Ankündigung treu geblieben, nicht unter Druck zu verhandeln. "Beide Seiten können sich als Gewinner betrachten", sagte ein Sprecher. Er wies zudem Mutmaßungen zurück, der Kommissionschef sei in Washington übers Ziel hinausgeschossen. Juncker habe vielmehr vor seiner Abreise unter anderem mit Merkel und Macron telefoniert und mit der vollen Rückendeckung der EU-Staats- und Regierungschefs verhandelt.

An den Weltfinanzmärkten wurde die europäisch-amerikanische Annäherung teilweise euphorisch aufgenommen: Der deutsche Leitindex Dax legte in Frankfurt gut 1,5 Prozent zu, Auto-Aktien schossen gar zeitweise um mehr als fünf Prozent in die Höhe. Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach von einer "sehr erfreulichen Nachricht" aus Washington. Zugleich warnte er, gerade in der Handelspolitik habe sich die Nachrichtenlage in der Vergangenheit immer wieder geändert.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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