Krise in Haiti:Interims-Premierminister gibt Rücktritt bekannt

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Rücktritt in Puerto Rico: Haitis bisheriger Regierungschef Ariel Henry hat die Lage im Land nie unter Kontrolle gebracht. (Foto: Simon Maina/AFP)

Ariel Henry will mit diesem Schritt Frieden und Stabilität ermöglichen, nachdem die Gewalt in Haiti zuvor eskaliert war und kriminelle Banden mit einem Bürgerkrieg gedroht hatten. Die USA sagen weitere finanzielle Unterstützung zu.

Der wegen Bandengewalt in seiner Heimat im Ausland festsitzende Interims-Premierminister Haitis, Ariel Henry, hat seinen Rücktritt angekündigt. Haiti brauche Frieden und Stabilität, sagte er in einer in der Nacht zum Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Videobotschaft. Nun soll ein siebenköpfiger Präsidialrat gegründet werden, der den Übergang hin zu Wahlen anleitet und einen neuen Interims-Premierminister bestimmt, wie Guyanas Präsident Mohamed Irfaan Ali kurz zuvor nach einem Treffen der Regierungschefs karibischer Staaten auf Jamaika mitgeteilt hatte. Sobald das geschehen sei, lege er das Amt nieder, sagte Henry. Mächtige kriminelle Banden, die große Teile Haitis und fast die gesamte Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren, hatten seinen Rücktritt gefordert.

Henry hatte am 20. Juli 2021, rund zwei Wochen nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse, als Interims-Premierminister die Regierungsgeschäfte in Haiti übernommen. Moïse hatte ihn keine 36 Stunden vor seinem Tod zum siebten Premierminister seiner Amtszeit erkoren. Allerdings hatte Henry das Amt vor dem Attentat noch nicht angetreten. Unter der Ägide des 74-jährigen Neurochirurgen waren Wahlen mit Verweis auf die Sicherheitslage mehrmals verschoben und bis heute nicht nachgeholt worden.

Die Gewalt der brutal agierenden Banden, die laut UN bereits etwa 80 Prozent von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren, ist seit Ende Februar eskaliert. Die zwei mächtigsten Banden schlossen sich zusammen und forderten den nun erfolgten Rücktritt Henrys, als diesen eine Auslandsreise zunächst nach Guyana und am 1. März nach Kenia führte - das ostafrikanische Land hatte sich bereiterklärt, eine vom UN-Sicherheitsrat genehmigte Sicherheitsmission in Haiti anzuführen. Zuletzt flog er am 5. März nach Puerto Rico, nachdem ihm die an Haiti grenzende Dominikanische Republik keine Landeerlaubnis erteilt hatte. Der dominikanische Präsident Luis Abinader erklärte Henry aus Sicherheitsgründen zur Persona non grata.

Der Druck auf Henry, sein Amt niederzulegen, wurde damit immer größer. Die USA, denen viele Haitianer und politische Experten nachsagen, Henry bislang an der Macht gehalten zu haben, forderten ihn auf, den politischen Übergang hin zu Wahlen zu beschleunigen. Der nun zu gründende Präsidialrat soll sich laut Guyanas Präsident Ali aus Vertretern der haitianischen Gesellschaft und Politik zusammensetzen.

Bei dem Treffen in Jamaikas Hauptstadt Kingston hatten die USA zuvor ihre finanzielle Zusage für eine multinationale Sicherheitsmission im Krisenstaat Haiti um 100 Millionen auf 300 Millionen Dollar (rund 274 Millionen Euro) erhöht. US-Außenminister Tony Blinken sagte außerdem 33 Millionen Dollar an humanitärer Hilfe für Haiti zu.

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