Haiti:Nach Eskalation der Bandengewalt: Regierungschef unter Druck

Lesezeit: 1 min

Haitis Interimspremierminister Ariel Henry hält sich derzeit in Puerto Rico auf. (Foto: Marcio Jose Sanchez/dpa)

Der Anführer einer Bande droht mit einem Bürgerkrieg, sollte der Interimspremierminister nicht zurücktreten. Nun fordern auch die USA, den Prozess hin zu freien Wahlen zu beschleunigen.

Nach der Befreiung Tausender Häftlinge aus Gefängnissen durch Banditen nimmt der Druck auf die Regierung in Haiti zu: Die US-Regierung forderte den haitianischen Interims-Ministerpräsidenten Ariel Henry auf, den Prozess hin zu freien und fairen Wahlen zu beschleunigen, wie Matthew Miller, Sprecher des US-Außenministeriums, am Mittwoch in Washington sagte. Henry hatte die Regierungsgeschäfte kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 übernommen. Seitdem gab es in dem Karibikstaat keine Wahlen.

Nach einer Reise vergangene Woche nach Guyana und Kenia kehrte Henry bislang nicht nach Haiti zurück, am Dienstag reiste er nach Puerto Rico. Henry wollte eigentlich in Haitis Nachbarland Dominikanische Republik einen Zwischenstopp einlegen, wie der dominikanische Regierungssprecher Humberto Figueroa am Mittwoch mitteilte. Das habe die Dominikanische Republik wegen eines fehlenden Flugplans abgelehnt. Von und nach Haiti fielen wegen Bandengewalt alle Flüge aus.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Am Samstag hatten Banditen Häftlinge aus zwei Gefängnissen befreit. Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, flüchteten mehr als 4500 Gefangene, darunter bekannte Bandenmitglieder und Verdächtige im Zusammenhang mit der Moïse-Ermordung. Der Anführer der Bandenkoalition, der Ex-Polizist Jimmy "Barbecue" Chérizier, warnte nach einem Bericht der Zeitung Le Nouvelliste vor einem Bürgerkrieg, wenn Henry nicht zurücktrete und die internationale Gemeinschaft ihn weiter unterstütze.

Brutal agierende Banden kontrollieren nach UN-Schätzung rund 80 Prozent von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince. Nach Angaben der haitianischen Menschenrechtsorganisation RNDDH vereinten sich am 29. Februar die zwei wichtigsten bewaffneten Gruppen. UN-Generalsekretär António Guterres rief nach Angaben seines Sprechers dazu auf, den Einsatz einer multinationalen Truppe zur Unterstützung der haitianischen Polizei zu finanzieren. Diesen hatte der UN-Sicherheitsrat im Oktober genehmigt, Kenia wollte die Federführung übernehmen.

© SZ/dpa/jala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusHaiti
:Ein Land kommt nicht zur Ruhe

In der Hauptstadt des Karibikstaats kommt es zu heftigen Protesten. Schon wieder. Gründe gibt es genug: Die Bevölkerung hat zu wenig zu essen und die Bandenkriminalität eskaliert. Bilder aus einem brennenden Land.

Von Leonard Scharfenberg

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: