Grüne:Bundesvorstand droht Grünen an der Saar mit Entmachtung

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Jeanne Dillschneider wollte nach ihrem zuerst verlorenen, dann gewonnenen Kampf gegen Hubert Ulrich als saarländische Spitzenkandidatin der Grünen zur Bundestagswahl antreten. Die Querelen der Landespartei machten das zunichte. (Foto: BeckerBredel/imago)

Schuldvorwürfe, Rücktritte, Ausschluss von der Bundestagswahl - die Saarland-Grünen sind am Boden. Strenge Vorgaben aus Berlin sollen sie wieder aufrichten.

Von Gianna Niewel, Frankfurt

Der Bundesvorstand der Grünen droht dem Landesverband im Saarland mit massiven Eingriffen, sollte dieser nicht umgehend Reformschritte einleiten. Eine Kommission aus sechs Politikerinnen und Politikern mehrerer Bundesländer und des Bundes will den Saarland-Grünen noch in dieser Woche Erneuerungen vorschlagen. Sollten sie nicht umgesetzt werden, könnten bereits im November Gelder einbehalten werden, die dem Landesverband aus der staatlichen Parteienfinanzierung zustünden. Darüber hinaus könnte der Bundesvorstand die Kassen- und Buchführung übernehmen.

Zur Begründung heißt es: Der Verband sei politisch und administrativ nicht mehr handlungsfähig, das habe "beträchtlichen Schaden für die gesamte Partei verursacht". Mit den Reformen solle nicht nur die Handlungsfähigkeit wiederhergestellt, sondern auch Frauen gefördert und die finanziellen Strukturen angepasst werden "um ein Ausnutzen des Systems (...) zu verhindern".

Was war passiert?

Die Grünen an der Saar liegen seit Monaten im Streit. Vordergründig geht es um die Ausrichtung der Partei, hintergründig um Macht. 2048 Mitglieder hat die Partei im Saarland, 672 davon im Ortsverband Saarlouis, gut ein Drittel. Ganz ähnlich bei den Delegierten: Von 160 sitzen 49 in Saarlouis. Den Vorsitz dort hat Hubert Ulrich, der die Partei 2009 in eine Jamaika-Regierung verhandelte. Kritiker in der Partei werfen ihm vor, die hohe Zahl der Mitglieder für seine Macht auszunutzen und damit die Partei zu spalten.

Von dem Schaden könnten andere profitieren

Wie zerrissen die Grünen sind, verdeutlichen ihre Reaktionen auf die Worte aus Berlin. Die Vizevorsitzende kündigte an, der Landesvorstand werde gegen den Eingriff vorgehen. Andere sind den Berlinern dankbar. "Ich hoffe, dass wir wieder demokratische Verhältnisse hinbekommen", sagt Lisa Becker, Vorsitzende im Ortsverband Blieskastel. Für die Partei sei es wichtig zu wissen, ob die Mitglieder in Saarlouis "wirklich Mitglieder sind - oder Karteileichen, die die Machtverhältnisse verzerren".

Für die Saarland-Grünen geht es um viel. Bei der vergangenen Landtagswahl holten sie nur vier Prozent, durften bei der Bundestagswahl nicht mit einer eigenen Landesliste antreten. Mitarbeitende in der Geschäftsstelle kündigten, Teile des Landesvorstandes traten zurück.

Und während andere Parteien so langsam mit dem Wahlkampf beginnen - im März wird an der Saar gewählt - beschäftigen sich die Grünen mit Reformen. Davon könnten andere profitieren: Das Bündnis "Bunt.Saar" hat angekündigt, antreten zu wollen. Es wirbt um die Stimmen von Grünen-Wählern und -Wählerinnen.

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