Razzia in Tripolis:Libysche Behörden nehmen 600 Flüchtlinge fest

Lesezeit: 1 min

  • Etwa 600 Flüchtlinge sind nach Angaben libyscher Behörden in Tripolis festgenommen worden; sie wollten mit Booten nach Europa gelangen.
  • Die Behörden wollen die Migranten zur Herausgabe von Informationen zu weiteren Verstecken bewegen.
  • Kriminelle Schlepper nutzen das Chaos in Libyen, um am Elend der Flüchtlinge zu verdienen.
Sie sollen den libyschen Behörden verraten, wo sich weitere Flüchtlingsunterkünfte befinden: festgenommene Migranten in Tripolis. (Foto: dpa)

Fast 600 Flüchtlinge sitzen in Tripolis fest

In Libyen sind etwa 600 Migranten festgenommen worden, die auf dem Weg nach Europa waren. Die Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern seien bei einer Großrazzia im Raum Tripolis gefasst worden, sagte ein Vertreter des Grenzschutzes der Nachrichtenagentur AFP. In einer Meldung der staatlichen libyschen Nachrichtenagentur Lana ist von 580 Festgenommenen die Rede, die unter anderem aus Gambia, dem Senegal, Mali, Eritrea und Somalia stammen sollen.

Auf dem Weg nach Europa

Die Flüchtlinge hätten über das Mittelmeer in die Europäische Union gelangen wollen. Sie seien in Flüchtlingslager in Tripolis gebracht worden. Einem Sicherheitsbeamten zufolge verfügte ein Teil der Festgenommenen über GPS-Geräte und Satelliten-Telefone zur Kommunikation auf dem offenen Meer. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Die Behörden wollen von den Festgenommenen offenbar Informationen zu weiteren Unterkünften "illegaler" Migranten - wie die Behörden die Flüchtlinge bezeichnen - herausbekommen.

Libyen ist das Zentrum krimineller Schlepper

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi versinkt Libyen immer tiefer im Chaos. Dieses wird von kriminellen Schleppern ausgenutzt, die am Elend der Flüchtlinge verdienen wollen.

Libyen
:Tödlicher Korridor nach Europa

Unter erbärmlichen Bedingungen warten Hunderttausende Flüchtlinge in Libyen auf ihre Ausreise nach Europa. Der Staat zerfällt, die Wirtschaft bricht zusammen, die Grenzen sind offen. Schlepper profitieren.

Von Paul-Anton Krüger

EU verhandelt mit Libyen

Vor dem Hintergrund der jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer hatten die EU-Außenminister vor wenigen Tagen das Konzept einer Marinemission gebilligt, mit der Schlepperbanden bekämpft werden sollen. Geplant ist unter anderem ein Vorgehen gegen Schlepperboote in internationalen und libyschen Hoheitsgewässern und als mögliche weitere Stufe auch gegen Einrichtungen der Schleuser an Land. Allerdings machen die Europäer das militärische Vorgehen gegen die Schlepperboote von einem UN-Mandat beziehungsweise dem Einverständnis der libyschen Behörden abhängig.

© Süddeutsche.de/AFP/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

EU gegen Schlepper
:Wettbewerb um Brutalität

Die EU will Schlepper mit Militäreinsätzen bekämpfen. Nur wie? Kampfszenarien scheiden aus, niemand will in Libyen Krieg führen. Die Pläne dienen eigentlich nur der Abschreckung, die EU plustert sich auf.

Kommentar von Stefan Kornelius

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: