Kommunalwahlen in England:Tories von Premier Sunak erleiden schwere Verluste

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Die Tories von Premier Rishi Sunak verlieren bei der Kommunalwahl in England mehr als hundert Mandate (Archivbild). (Foto: Toby Melville/REUTERS)

Englands Kommunalwahlen sind für die konservative Regierung nach den bisherigen Auszählungen ein Debakel: Die Tories verlieren mehr als hundert Mandate in Gemeinderäten. Der Druck auf Sunak steigt.

Großbritanniens konservative Regierungspartei hat bei den Kommunalwahlen in England nach BBC-Angaben bereits mehr als hundert Mandate in Gemeinderäten verloren. Der Meinungsforscher John Curtice sagte in der BBC, wenn das so weitergehe, könnten die Tories am Ende etwa 500 Sitze verlieren. Die Partei sei auf dem Weg, "eines der schlechtesten, wenn nicht sogar das schlechteste Abschneiden der Konservativen bei Kommunalwahlen seit 40 Jahren" zu erreichen.

Die Auszählung der Kommunalwahl läuft noch. Die Wahllokale schlossen am Donnerstag um 23 Uhr (MESZ). Gewählt wurde in etwa einem Drittel der gut 300 englischen Gemeinden. Das Ergebnis könnte die politische Zukunft des britischen Premierministers Rishi Sunak beeinflussen. Zwar wird eine Niederlage für seine Konservative Partei erwartet. Nach Ansicht von Kommentatoren könnte Sunak aber in seiner Partei in Bedrängnis geraten, falls die Tories deutlich mehr als 500 der knapp 1000 Sitze verlieren, die sie bei der Wahl in den Gemeinderäten verteidigen.

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Wahlberechtigt waren schätzungsweise 44 Millionen der insgesamt 57 Millionen Einwohner Englands. Labour-Chef Keir Starmer warb damit, eine Stimme für seine Partei bei den Kommunalwahlen sei ein erster Schritt in Richtung einer Regierung, die "das Chaos" stoppe und Großbritannien seine Zukunft zurückgebe. Sunak dagegen machte vor der Abstimmung erneut auf seine schärfere Migrationspolitik und die Senkung von Sozialversicherungsabgaben aufmerksam.

Etwa ein Drittel der Kommunen wollte ihre Resultate in der Nacht bekannt geben, die meisten aber im Laufe des Freitags. Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in London soll erst an diesem Samstag verkündet werden. Dort gilt Amtsinhaber Sadiq Khan von der sozialdemokratischen Labour-Partei als klarer Favorit. In der neu gebildeten Region York and North Yorkshire in Nordengland, in der auch der Wahlkreis von Premier Sunak liegt, führte ebenfalls ein Labour-Politiker in den Umfragen. Die Konservativen hofften aber, die Rathäuser der mittelenglischen Region West Midlands sowie von Tees Valley im Nordosten zu verteidigen.

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Als wichtige Themen der Kommunalwahl galten unter anderem die schwierige Finanzlage der Kommunen, Schlaglöcher auf Straßen und ins Meer und in Flüsse abgeleitete Abwässer. Einer Analyse der Denkfabrik Local Government Information Unit zufolge reagieren etliche Gemeinderäte mit höheren Steuern und Gebühren sowie geringeren sozialen Leistungen auf den drohenden finanziellen Ruin. Die Millionenstadt Birmingham hatte im September alle nicht elementaren Ausgaben gestoppt, um grundlegende Aufgaben noch erfüllen zu können.

Politische Kommentatoren betonten, Kommunalwahlen seien nicht eins zu eins mit nationalen Parlamentswahlen vergleichbar. Zum einen seien die Themen mitunter andere, zum anderen sei zum Beispiel nicht in Schottland gewählt worden. Die Kommunalwahl könne aber ein Indikator für die Stimmung im Land sein. Im Gegensatz zur Parlamentswahl durften auch Bürgerinnen und Bürger aus der EU mit Wohnsitz in England teilnehmen.

Sunak unbeliebter als Liz Truss

Die nächste Parlamentswahl muss spätestens im Januar 2025 stattfinden. Premierminister Rishi Sunak liegt im Hinblick auf diese Wahl in Umfragen mit seinen Tories deutlich hinter der Oppositionspartei Labour zurück. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zufolge käme Sunaks Konservative Partei derzeit noch auf 18 Prozent der Stimmen, wenn jetzt bereits Parlamentswahlen wären. Das seien noch einmal zwei Prozentpunkte weniger als im April, meldete die britische Nachrichtenagentur PA. Labour liege bei 44 Prozent.

Für die Tories sei das Umfrageergebnis noch schlechter als unter Premierministerin Liz Truss. Truss hatte mit ihrer Wirtschaftspolitik Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst und war nach nur 49 Tagen im Amt zurückgetreten. Sunak ist ihr Nachfolger und seit etwa anderthalb Jahren im Amt. Er hat Parlamentswahlen für das zweite Halbjahr in Aussicht gestellt. Der Wahltermin wird kurzfristiger festgelegt als in Deutschland.

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