Machtwechsel in Athen:Konservative siegen in Griechenland

Wahlen in Greichenland 2019 - Kyriakos Mitsotakis in Athen

Siegesgewiss: der bisherige griechische Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis von der Nea Dimokratia bei Stimmabgabe in Athen.

(Foto: AP)
  • Die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) hat die Parlamentswahl in Griechenland gewonnen.
  • Der bisherige Oppositionsführer Mitsotakis kann nach Auszählung von etwa 95 Prozent der Stimmen mit der absoluten Mehrheit der Parlamentssitze rechnen. Seine Nea Dimokratia kommt auf fast 39,9 Prozent der Stimmen, was eine klare Mehrheit der 300 Sitze im Parlament bedeuten würde
  • Die linke Partei Syriza des bisherigen Regierungschefs Tsipras erreicht etwa 31,6 Prozent.
  • Die rechtsradikale Partei Goldene Morgenröte liegt knapp unter der Drei-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins Parlament überwunden werden muss.

Von Christiane Schlötzer, Athen

In Griechenland hat es einen Regierungswechsel gegeben. Neuer Ministerpräsident wird der bisherige konservative Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis. Auf dessen Partei Nea Dimokratia (ND) entfielen nach Auszählung von etwa 95 Prozent der Stimmen fast 39,9 Prozentpunkte, wie das Innenministerium mitteilte. Im 300-köpfigen Parlament bedeutet das die absolute Mehrheit von mindestens 154 Sitzen, weil der Wahlsieger zur Vereinfachung der Regierungsbildung 50 Sitze zusätzlich erhält.

Der Chef der bisher regierenden Linkspartei Syriza, Alexis Tsipras, gratulierte Mitsotakis telefonisch und bei einem Auftritt vor Journalisten, wo er eine harte Opposition versprach. "Wer kämpft, muss auch verlieren können", sagte Tsipras. Zur Niederlage sagte er: "Wir haben uns hauptsächlich damit beschäftigt, das Land zu retten, und dafür manche Probleme nicht gesehen, die die Menschen beschäftigt haben." Syriza kam auf 31,6 Prozent der Stimmen und erreichte damit deutlich mehr als noch bei der Europawahl im Mai, wo es knapp 24 Prozent waren. Danach hatte Tsipras die vorgezogenen Neuwahlen ausgerufen.

Mitsotakis, 51, soll schon am Montag von Präsident Prokopis Pavlopoulos vereidigt werden. Tsipras, 44, sagte, er werde gleich danach seinen Amtssitz an Mitsotakis übergeben. Tsipras' Vorgänger Antonis Samaras von der ND hatte sich Anfang 2015 geweigert, seinen linken Nachfolger, wie es Tradition ist, ins Amt einzuführen. Schon am Montagnachmittag will Mitsotakis sein Kabinett vorstellen.

Mitsotakis versprach in einer kurzen Dankesrede am Abend, er sei sich der "historischen Verantwortung" bewusst, die sein "starkes Mandat" bedeute. Das Parlament werde auch über die Sommerpause hinweg arbeiten, "weil wir keine Zeit zu verlieren haben". Mitsotakis versprach, sich um neue Arbeitsplätze und Investitionen zu bemühen. Unter dem Jubel seiner Anhänger sagte er später vor der Parteizentrale: "Wir haben die ND wieder zu einer großen Partei gemacht." Am Montag, sagte er, werde "die Sonne über Griechenland noch heller strahlen und der Himmel mehr blau sein". Blau ist die Parteifarbe der ND.

Zu Beginn der Tsipras-Regierung stand das Land kurz vor der Staatspleite. Athen musste Kapitalverkehrskontrollen einführen. Nach gut fünf Monaten entließ Tsipras seinen Finanzminister Yanis Varoufakis. Der schaffte es jetzt mit einer eigenen linken Partei vermutlich knapp wieder ins griechische Parlament.

Um einen Grexit, das Ende der Mitgliedschaft in der Euro-Zone, zu vermeiden, akzeptierte Tsipras schließlich harte Sparauflagen, im Gegenzug für ein drittes Kreditprogramm. Diese Woche räumte er in einem Interview im Sender Skai erstmals ein, dass er damals "naiv" in die Verhandlungen gegangen sei. Im August 2018 konnte Griechenland den internationalen Rettungsschirm wieder verlassen.

Nicht mehr ins Parlament einziehen wird wohl die Neonazi-Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte). Sie blieb nach Auskunft des griechischen Innenministeriums unter der Drei-Prozent-Schwelle.

Die Wahlbeteiligung lag bei 57,5 Prozent, das ist niedrig für Griechenland. Kathimerini erinnerte daran, dass die bisher letzte Wahl im Hochsommer im August 1928 stattgefunden habe. Zu den ersten Gratulanten gehörte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der mit Mitsotakis telefonierte. Auch zu Tsipras pflegte er engen Kontakt.

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