Gewalt im syrischen Homs:Assad-Truppen stürmen belagertes Stadtviertel

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Die syrische Armee soll damit begonnen haben, das seit Wochen umkämpfte Viertel Baba Amro in der Protesthochburg Homs zu stürmen. Dem können die Rebellen offenbar nicht standhalten. Der UN-Menschenrechtsrat fordert das Assad-Regime in einer Resolution zum sofortigen Ende der Gewalt auf.

Die syrische Armee hat nach Angaben von Regimegegnern mit der Erstürmung des Viertels Baba Amro in der Stadt Homs begonnen. Aktivisten berichteten von Artillerieangriffen. Die Armee habe Panzer rund um das Viertel in Stellung gebracht. Dabei sei es zu Gefechten zwischen den angreifenden Truppen und Deserteuren der Freien Syrischen Armee gekommen.

Baba Amro steht seit mehr als drei Wochen unter Dauerbeschuss. Das Viertel gehört zu den Hochburgen der Gegner von Präsident Baschar al-Assad. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, die Freie Syrische Armee habe ihren Rückzug aus dem Viertel "aus strategischen Gründen" beschlossen. Die Deserteure hätten nicht genügend Waffen und Munition, hieß es.

Auch Oppositionelle berichteten, dass sich die meisten Rebellen aus Baba Amro zurückgezogen hätten. Einige wenige Kämpfer seien zurückgeblieben, um den "taktischen Rückzug" ihrer Kameraden abzusichern. Oppositionelle hatten zuvor von heftigen Kämpfen und hohen Verlusten auf beiden Seiten berichtet.

Um die Kommunikation unter den Aufständischen zu unterbinden, haben Regierungstruppen Baba Amro inzwischen offenbar auch vom Kommunikationsnetz abgeschnitten. Bereits zuvor hatten die Behörden Telefonnetze lahmgelegt. Aktivisten konnten jedoch nach dem Ausfall von Festnetz und Mobiltelefonen über Satellitentelefone miteinander kommunizieren. Das sei nun auch nicht mehr möglich, sagte ein Aktivist. Aktivisten aus anderen Stadtteilen hätten am Donnerstag vergeblich versucht, Oppositionelle in Baba Amro über Satellitentelefon zu erreichen.

Aktivisten sammeln Schnee, weil Trinkwasser fehlt

Zudem wird die Versorgungslage offenbar immer dramatischer. Bewohner müssen nach Angaben von Aktivisten Schnee sammeln, um Trinkwasser zu gewinnen. Die Regimegegner meldeten, die Bewohner hätten damit nach der Unterbrechung der Wasserversorgung begonnen. Im Internet wurden Videoaufnahmen veröffentlicht, die zeigen, wie Menschen auf der Straße Töpfe aufstellen, um darin Schneeflocken zu fangen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, eine "bewaffnete Terrorbande" habe ein Wasserwerk in Al-Kusair außerhalb von Homs angegriffen. Deshalb sei die Wasserversorgung in der Stadt unterbrochen. Die Angreifer hätten mehrere Reservoirs geleert und Pumpen beschädigt.

Um den Kampf gegen Staatschef Assad besser zu organisieren, hat die syrische Opposition einen Militärrat gegründet. Das gab der Vorsitzende des Syrischen Nationalrates (SNC), Burhan Ghaliun, in Paris bekannt. Ziel sei es jedoch nicht, einen Bürgerkrieg zu führen, sondern Chaos zu verhindern.

In einer Erklärung heißt es: "Die syrische Revolution begann als gewaltfreie Bewegung und hat diesen friedlichen Charakter über Monate bewahrt. Die Situation hat sich jedoch geändert und der SNC wird sich seiner Verantwortung im Licht dieser neuen Realität stellen."

UN-Menschenrechtsrat erlässt Resolution

Der UN-Menschenrechtsrat hat indes die fortgesetzten Angriffe syrischer Regierungstruppen auf Zivilisten scharf verurteilt. In einer mit großer Mehrheit angenommenen Resolution wird die Führung in Damaskus aufgefordert, die Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung sofort zu beenden.

Dem Assad-Regime werden unter anderem willkürliche Hinrichtungen, die Tötung von Demonstranten, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, Folter, sexuelle Gewalt, Misshandlung von Kindern sowie die Behinderung medizinischer Hilfe vorgeworfen. Zudem wird den Machthabern in Syrien mit internationaler Strafverfolgung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gedroht.

Großbritannien kündigte unterdessen an, seine Botschaft in Syrien zu schließen, die Diplomaten sollen abgezogen werden. Außenminister William Hague sagte, angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage in Damaskus seien Botschaftspersonal und -gelände gefährdet.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/aho/ros - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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