Gavin Williamson:Britischer Verteidigungsminister mit Spinnenvorliebe

Lesezeit: 2 min

Gavin Williamson ist der neue britische Verteidigungsminister. Er folgt auf Fallon, der wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung zurückgetreten ist. (Foto: David Mirzoeff/dpa)

Ein "Mistkerl", der Abgeordnete mit Hilfe einer Tarantel auf Linie brachte: Die Berufung des ehemaligen Einpeitschers Gavin Williamson hat in Großbritannien Irritationen ausgelöst.

Von Cathrin Kahlweit

Als der Name des neuen Verteidigungsministers vergangene Woche in Westminister bekannt wurde, gab es nicht viele Menschen, die eine freundliche Bemerkung machten. Gavin Williamson, Nachfolger des wegen sexueller Übergriffe zurückgetretenen konservativen Politikers Michael Fallon, sei ein "selbstgefälliger Mistkerl", sagte eine Abgeordnete, und "Mistkerl" ist noch eine höfliche Übersetzung. Seine Berufung sei "irritierend" und "empörend", sagten andere. Das Netteste, was man hörte, war wohl, dass Williamson loyal zu Theresa May stehe - aber auch das kann in einer tief zerstrittenen Regierung schnell eine tödliche Zuschreibung sein.

Dass die Entscheidung der Premierministerin, ihren engen Vertrauten ins Kabinett zu holen, so massive Irritationen auslöste, hat zum einen mit der bisherigen Rolle des 41-jährigen zu tun, zum anderen mit seinem Charakter. Der neue Ressortchef hat bisher keine politische Erfahrung in einem Ministerium gesammelt; er war zuletzt Chief Whip in der Regierungsfraktion der Tories gewesen. Ein Whip ist ein Einpeitscher, der die Abgeordneten bei Abstimmungen auf Linie bringt. Außerdem sammelt er über Parlamentarier Informationen , die in Krisenzeiten gern auch mal gegen diese verwendet werden; im Idealfall ist er umgekehrt auch ihr Vertrauter.

Williamson war ein Chef-Einpeitscher mit Hang zu kleinen Brutalitäten. Auf seinem Schreibtisch hielt er in einer Box eine Tarantel namens "Cronus", mit der er Abgeordnete einschüchterte. Für seine Rolle brauche es "Karotte und Stock" (auf Deutsch ist die Metapher "Zuckerbrot und Peitsche" gebräuchlich), sagte er einmal. Er selbst sei zwar kein Fan des Stocks, aber man dürfe nicht unterschätzen, wie nützlich eine angespitzte Karotte sein könne.

Seine Tarantel nimmt er mit ins Mininsterium

Williamson, studierter Sozialwissenschaftler, gilt als extrem ehrgeizig. Seinen Aufstieg verdankt er Mays Vorgänger David Cameron, der ihn als persönlichen Verbindungsmann zu den Abgeordneten einsetzte. Nach dem Brexit und Camerons Rücktritt stärkte Williamson dann May im Kampf um das Amt der Premierministerin den Rücken. Diese schickte ihn nach der für die Tories desaströs verlaufenen Wahl vom Juni in die Verhandlungen mit dem irischen Koalitionspartner DUP.

Im politischen London ist Williamsons neue Rolle als Verteidigungsminister nicht nur umstritten, weil er unbeliebt ist, sondern weil er sich, wie gelästert wird, "quasi selbst nominiert" habe. Als Chief Whip habe er schließlich regelmäßig Informationen über sexuelle Belästigung gesammelt, nichts dagegen unternommen, nun aber vom Rücktritt Fallons profitiert, ja ihn vielleicht sogar herbeigeführt. Vorerst aber wird es sich niemand mit dem neuen starken Mann im Kabinett verscherzen wollen. Nicht nur, weil seine Tarantel mit ins Ministerium umzieht, sondern auch weil May ihn als möglichen Nachfolger ausgesucht haben soll. Sie gebe ihm nun, heißt es, Gelegenheit, sich in seinem Job als seriöser Politiker zu profilieren.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Großbritannien
:Für Mays Kabinetts-Chef wird es eng

Nach neuen Vorwürfen gegen Damian Green berät die britische Regierung über Konsequenzen. Auf Greens Computer sollen harte Pornos gefunden worden sein. Der Beschuldigte spricht von einem Racheakt.

Von Cathrin Kahlweit

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: