Gasstreit: Russland vs. Weißrussland:Russland dreht den Hahn zu

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Abdrehen mit Ansage: Russland stellt seinem Nachbarn Weißrussland sukzessive das Gas ab. Grund ist auch der Dauerzoff zwischen Minsk und Moskau.

Der Gasstreit zwischen Russland und Weißrussland spitzt sich zu: In dem Konflikt um offene Energierechnungen wies Kremlchef Dmitrij Medwedjew den russischen Gasmonopolisten Gazprom an, die Lieferungen an den Nachbarn von Montagmorgen an schrittweise einzustellen.

Anfang des Jahres hatten Minsk und Moskau einen neuen Liefervertrag für Gas vereinbart, den Weißrussland aus Sicht des mächtigen Nachbarn nicht erfüllt. (Foto: dpa)

"Weißrussland erkennt seine Gasschulden an, schlägt aber vor, diese mit Maschinen, Ausrüstung und anderen Waren zu begleichen", teilte Gazprom-Chef Alexej Miller mit. Medwedjew betonte, dass Russlands Gasrechnungen in "harter Währung" zu begleichen seien. Gazprom verlangt von Minsk 192 Millionen Dollar (etwa 155 Millionen Euro).

In der vergangenen Woche hatte Gazprom angekündigt, die Lieferungen um 85 Prozent zu drosseln. Daraufhin drohte Weißrussland am Wochenende mit einem Anzapfen der Transitleitungen nach Westen. Gazprom will dann sein Gas unter Umgehung Weißrusslands durch die Ukraine nach Polen pumpen - und so Weißrussland umgehen. Man werde die Verträge mit den westlichen Kunden erfüllen, hatte Miller gesagt.

Nach dem jahrelangen Tauziehen zwischen Russland und der Ukraine um unbezahlte Gasrechnungen hat der Kreml sich jetzt den nächsten Schuldner Weißrussland vorgenommen. Weißrussland habe fünf Tage Zeit, sich zu seinen Schulden und deren Abzahlung zu äußern, hatte Medwedjew bei einem Treffen in der vergangenen Woche gesagt.

Politisch motiviert

Anfang des Jahres hatten Minsk und Moskau einen neuen Liefervertrag für Gas vereinbart, den Weißrussland aus Sicht des mächtigen Nachbarn nicht erfüllt. Der neue Streit gilt auch als politisch motiviert. Der autoritäre weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte den Kreml immer wieder mit politischen Angriffen gereizt.

In Brüssel sagte eine EU-Kommissionssprecherin, der Streit der beiden Nachbarländer könnte Europas Gasversorgung mindern. Allerdings ströme nur ein kleiner Teil der Lieferungen durch das weißrussische System. So sei die große Jamal-Pipeline zu 100 Prozent unter russischer Kontrolle und nicht betroffen. Besonders Litauen aber würden Kürzungen über weißrussische Leitungen schwer treffen, da das baltische Land zu 100 Prozent über diesen Weg versorgt wird. Polen und Deutschland wären "indirekt" betroffen, sagte die Sprecherin. Beide Länder würden ihre Speicher mit Gas aus Weißrussland auffüllen. EU-Experten sollten noch Montagnachmittag in Brüssel mit russischen Experten zusammenkommen.

Die Ukraine, mit der Russland wiederholt Konflikte um den Gaspreis ausgetragen hat und deswegen auch Lieferungen nach Europa unterbrochen wurden, hat einen Zusammenschluss des Gaskonzerns Naftogaz mit der russischen Gazprom ausgeschlossen. "Es wird keine wie auch immer geartete Fusion geben", sagte Ministerpräsident Mikola Asarow am Sonntag. "Wir werden aber nach einer Organisationsform suchen, die die Effekte der beiden Unternehmen zusammenführt."

Nach dem Machtwechsel im Februar hatte die russland-freundliche neue Regierung der Ukraine eine Fusion der Konzerne zunächst nicht ausgeschlossen. Gazprom-Chef Alexej Miller bezeichnete Naftogaz zuletzt in einem Interview als derzeit einziges Einkaufsziel auf der Liste seines Konzerns.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/juwe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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