Frühkindliche Betreuung:Krippenausbau spaltet Ost und West

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Der Westen fordert vom Bund mehr Finanzhilfen für den Krippenausbau. Dabei hat er noch nicht einmal alle bestehenden Gelder abgerufen. Familienministerin Schröder erteilt einer Ost-West-Umverteilung jedoch eine klare Absage - und mahnt zu mehr Solidarität zwischen den Ländern.

Robert Roßmann

Die Bundesregierung lehnt die Forderung mehrerer unionsregierter Länder nach einem Sonderprogramm West für den Krippenausbau ab. Vor allem Niedersachsen verlangt ein stärkeres Engagement des Bundes, da andernfalls die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz gefährdet sei.

Schröder sagte, es sei "nicht solidarisch, wenn manche Länder schon genug Kitaplätze haben und diese bestehenden Plätze jetzt fröhlich mit Bundesgeldern renovieren". (Foto: dapd)

Das Land führt derzeit auch den Vorsitz in der deutschen Jugend- und Familienministerkonferenz. Kultusminister Bernd Althusmann (CDU), der Niedersachsen in der Konferenz vertritt, begründet seine Forderung mit dem traditionell hohen Ausbaustand in der ehemaligen DDR. Im Westen müssten deshalb deutlich mehr Plätze geschaffen werden als im Osten.

Der Bund unterstützt den Ausbau bereits mit vier Milliarden Euro, obwohl dafür eigentlich Länder und Kommunen zuständig sind. Niedersachsen hat seinen Anteil bisher nur zu 63 Prozent abgerufen. Im Durchschnitt haben die Länder 68 Prozent angefordert, für weitere 19 Prozent haben sie zwar Ausbau-Projekte bewilligt, das Geld aber noch nicht abgerufen. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) will deshalb erst dann über zusätzliches Geld des Bundes reden, wenn die Länder die vorhandenen Mittel genutzt haben.

Ausbaustand kein Kriterium für Verteilung der Gelder

Althusmann wünscht sich allerdings auch eine Umverteilung der bereits existierenden Zuschüsse aus den ostdeutschen Ländern in den Westen. Aus dem Familienministerium hieß es dazu am Sonntag, Schröder sehe "für eine solch simple Ost-West-Umverteilung keine Chance, weil diese von allen Ländern gebilligt werden müsste". Allerdings gebe es tatsächlich "Schwächen im System", nachdem der Bundeszuschuss aufgeteilt worden sei. Der Ausbaustand in den Ländern sei kein Kriterium gewesen, das Geld sei stattdessen nach dem Anteil an Kindern unter drei Jahren vergeben worden.

Mecklenburg-Vorpommern wird deshalb eigenen Angaben zufolge den Rechtsanspruch erfüllen können, obwohl das Land in den vergangenen Jahren nur zwischen 131 und 557 Krippenplätze jährlich gebaut hat. In Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist das Ziel dagegen gefährdet, obwohl diese Länder zwischen 6160 und 8060 Plätze pro Jahr schaffen.

Schröder greift Schwesig an

Schröder sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei "nicht solidarisch, wenn manche Länder schon genug Kitaplätze haben und diese bestehenden Plätze jetzt fröhlich mit Bundesgeldern renovieren, während in anderen Ländern der Rechtsanspruch wegen fehlender Gelder und Plätze in Gefahr ist". So könnten beispielsweise "mit den drei Millionen Euro, die für Mecklenburg-Vorpommern noch im Sondervermögen des Bundes verfügbar sind, im Haushaltsnotlageland Bremen 230 neue Plätze gebaut werden, die dort dringend benötigt würden. Hier vermisse ich ein gutes Stück Ländersolidarität."

Schröder greift damit auch ihre sozialdemokratische Gegenspielerin Manuela Schwesig an. Diese ist als Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern für den Krippenausbau zuständig. Schwesig lehnt eine Ausbauhilfe West ab. Das Problem sei nicht, dass der Osten zu viel bekomme, sondern dass der Westen seine Gelder nicht abrufe, sagt Schwesig. Der Vorschlag sei deshalb unseriös.

Zum 1. August 2013 tritt der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für ein- und zweijährige Kinder in Kraft. Derzeit fehlen bundesweit allerdings noch mindestens 160 000 Plätze sowie 30 000 Erzieher und Tagesmütter.

© SZ vom 11.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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