Freital-Prozess:Wie der Prozess ablief

Wenige Tage nach dem Anschlag wurden die ersten Mitglieder der Gruppe verhaftet. Zunächst sollten deren Taten einzeln vor dem Amtsgericht in Dresden verhandelt werden. Die sächsische Justiz sah keine Hinweise auf politische Motive und wollte schon gar nicht von rechtsextremem Terror sprechen. Schließlich intervenierte der Generalbundesanwalt und zog das Verfahren an sich. Für Sachsens ersten Terrorprozess musste ein komplett neuer Gerichtsaal gebaut werden, damit neben der Strafkammer die acht Angeklagten, deren Anwälte sowie die Nebenklage Platz fanden.

Im Prozess vor dem Oberlandesgericht wurde die fremdenfeindliche und menschenverachtende Gesinnung der Angeklagten sichtbar. In Chatnachrichten bezeichneten sie Geflüchtete als "Kanacken", deren Unterstützer als "Parasiten". Der Angeklagte Philipp W. äußerte in den Nachrichten immer wieder Tötungsfantasien.

Auch die Stimmung, die immer noch in Freital herrscht, war im Gerichtsaal zu spüren. Etwa, als der Nachbar des Linken-Politikers Michael Richter aussagte, Richter sei selbst schuld, wenn er Flüchtlingen helfe. Richter wiederum sagte unter Tränen vor Gericht aus. Auf ihn war ein weiterer Anschlag geplant - diesmal sollte er im Auto sitzen. Der 42-Jährige hat Freital mittlerweile verlassen und lebt in Bayern (ein Porträt).

Einzelne Anwälte der Angeklagten griffen immer wieder die Generalbundesanwaltschaft an, warfen ihr vor, an den sieben Männern und einer Frau ein Exempel statuieren zu wollen. Einer der Verteidiger verglich die Dresdner Richter mit den DDR-Richtern, die kurz vor der Wende noch Unrechtsurteile gefällt hatten und dann selbst vor Gericht standen. In ihren Plädoyers widersprachen sich die Anwälte in der Bewertung der Gruppe. Die einen sahen in den Angeklagten zumindest eine kriminelle Vereinigung, andere erklärten, es handle sich überhaupt nicht um die Taten einer ganzen Gruppe.

Über ihre Motive ließen die Angeklagten das Gericht bis zuletzt im Dunkeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema