Prozess:Sarkozy sieht sich als Opfer

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Dem französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy wird der Prozess gemacht. (Foto: AFP)

Das Verfahren gegen den früheren französischen Präsidenten steht vor dem Abschluss. Die Anklage wirft ihm Bestechung vor, er selbst spricht von einem Freundschaftsdienst.

Von Nadia Pantel, Paris

Einmal Bling-Bling, immer Bling-Bling. Selbst wenn Nicolas Sarkozy sich im eher funktionalen Pariser Justizpalast aufhält, umweht ihn noch der Hauch des großen Lebens. Dafür sorgt allein schon seine Ehefrau, Musikerin und Model Carla Bruni. "I stand by my man", ich stehe zu meinem Mann, schrieb Bruni, jawohl, auf Englisch, auf ihrem Instagram-Account zum Korruptionsprozess gegen Sarkozy. Dazu postete sie ein Bild aus dem Foyer des Gerichts, das die beiden, denkt sie man sich in einem anderen Dekor, auch auf dem Weg zu einem festlichen Empfang zeigen konnte.

Zugegeben, Bruni sieht auf dem Bild deutlich entspannter aus als Sarkozy, der ihr irgendwie hinterherzuhasten scheint. Doch die Botschaft ist klar: Hier wird einem Unschuldigen der Prozess gemacht.

Eine Einschätzung, die Sarkozy vollumfänglich teilt. Der von 2007 bis 2012 amtierende Präsident war an allen ihn betreffenden Verhandlungstagen persönlich vor Gericht erschienen. Einerseits, um auszusagen. Andererseits auch, um seine Empörung über diesen Prozess zu zeigen. Er nannte das Verfahren gegen ihn "eine Niederträchtigkeit".

Am Donnerstag geht das Verfahren zu Ende, das Urteil soll schriftlich nachgereicht werden. Die Staatsanwaltschaft wirft Sarkozy vor, er habe versucht, zu seinem eigenen Vorteil Einfluss auf die Justiz zu nehmen. Als Grundlage der Anschuldigungen gelten abgehörte Telefonate zwischen Sarkozy und seinem Anwalt Thierry Herzog.

Laut Anklage versuchten Sarkozy und Herzog, durch Bestechung an Informationen zu kommen. Sie hätten dem damaligen Generalanwalt Gilbert Azibert Unterstützung für einen Posten in Monaco in Aussicht gestellt, wenn er ihnen im Gegenzug Einblicke in ein anderes Verfahren gewähren würde, in das Sarkozy verwickelt war. Es handelte sich dabei um die Bettencourt-Affäre, bei der Sarkozy vorgeworfen wurde, illegale Spendengelder von der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt angenommen zu haben und zudem den schlechten Gesundheitszustand Bettencourts ausgenutzt zu haben. Das Verfahren wurde eingestellt.

Sein ganzes Leben, sagt Sarkozy, bestehe darin, "kleine Freundschaftsdienste zu leisten"

Sarkozy sagte vor Gericht, er habe "nie das Gefühl gehabt, etwas Schlechtes zu tun", als er Azibert "Hilfe angeboten" habe. Es habe sich um einen "Freundschaftsdienst" gehandelt, sein "ganzes Leben" bestehe darin, "kleine Freundschaftsdienste zu leisten". Die vielen Telefonate mit seinem Anwalt Herzog rührten daher, dass der für ihn sei "wie ein Bruder, wie ein Familienmitglied".

In ihrem Abschlussplädoyer sagte Sarkozys derzeitige Anwältin Jacqueline Laffont, es handele sich bei dem ganzen Fall um "nichts aus dem Strafgesetzbuch, sondern aus dem Leben". Sie beschrieb Sarkozy und die Mitangeklagten Herzog und Azimut als "Leute, die einander mögen und einander helfen". Die Anklageschrift sei "nicht mit Vernunft, nur mit Groll zu erklären". Es gäbe keine Basis, auf der man Sarkozy den Prozess machen könne.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihrerseits am Dienstag wegen unerlaubter Einflussnahme eine Strafe von vier Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, gefordert. Sarkozy habe "die Werte der Republik" vergessen und dem Rechtsstaat geschadet. Gleichzeitig stellte sich der Chefermittler der Finanzstaatsanwaltschaft, Jean-François Bohnert, gegen den wiederholt erhobenen Vorwurf, gegen Sarkozy werde mit unfairer Härte vorgegangen: "Keiner hier will sich an einem früheren Präsidenten der Republik rächen." Sarkozy selbst hatte mehrfach behauptet, die Ermittlungen gegen ihn seien politisch motiviert.

Seit Wochen bekommt Sarkozy Loyalitätsbekundungen der Konservativen

Am Donnerstag erhielt Sarkozy Unterstützung von dem amtierenden Innenminister Gérald Darmanin. In einem Interview sagte Darmanin, er habe Sarkozy "erst kürzlich zum Frühstück getroffen", es handele sich um einen "ehrlichen Mann", dem er "seine Zuneigung und seinen Respekt" zusichern wolle. Der 65-jährige Sarkozy gilt als Mentor des 38-jährigen Darmanin. In der polarisierenden, medienwirksamen Art, mit der Darmanin für eine Recht-und-Ordnung-Politik eintritt, erkennen viele den jungen Sarkozy wieder. Sarkozy hatte 2005 als Innenminister gesagt, man solle an Aufständen beteiligte Jugendliche in den Banlieues "wegkärchern".

Auch aus den Reihen der konservativen Republikaner sind seit Wochen Loyalitätsbekundungen für ihr Parteimitglied Sarkozy zu hören. Der gelernte Jurist ist für die Republikaner ein Erfolgssymbol. Er ist der letzte von ihnen, dem es gelungen war, Präsident zu werden. 2017 hatte der Republikaner François Fillon lange die Umfragen angeführt. Doch Fillon stolperte über einen Skandal um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau. Im Juni war Fillon zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, er hat Berufung eingelegt.

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