Wenn sich eine Partei nach einer Niederlage umbenennt, ist das ungefähr so, wie wenn man nach einer Trennung zum Friseur geht. Es wirkt ein wenig verzweifelt. Frankreichs Rechtsextreme um Marine Le Pen heißen nun nicht mehr Front National, sondern Rassemblement National - von der Front zum Zusammenschluss.
Eigentlich hätte die Partei zur Verzweiflung keinen Grund, auch wenn sie Probleme hat. Im Hintergrund geifert immer noch der Parteigründer Jean-Marie Le Pen. Zwar hat die Partei ihn jetzt auch als Ehrenpräsidenten abgesetzt, dennoch untergräbt er jeden Versuch seiner Tochter, den rassistischen Kern der Partei zu verschleiern. Marion Maréchal-Le Pen und Florian Philippot, die Jüngeren, auf die Hoffnungen gesetzt wurden, haben sich mehr (Maréchal) oder weniger (Philippot) freundlich abgemeldet. Und zur Umbenennung der Partei, verordnet von Le Pen, hatte gerade mal die Hälfte der befragten Mitglieder Lust.
33,9 Prozent bei der Präsidentschaftswahl sind keine Niederlage
Allerdings stand der Front National noch nie im Verdacht, besonders anständig, geeint oder originell zu sein. Marine Le Pen ist nicht stark, weil sie eine ausgefuchste Strategie hätte, sie ist stark, weil ihre Ideologie Konjunktur hat. Laut einer Umfrage des Figaro finden 66 Prozent der Franzosen, dass die nationalen Werte nicht genug verteidigt werden. 50 Prozent sagen, dass es in Frankreich zu viele Einwanderer gibt. 48 Prozent glauben, dass Muslime zu viele Rechte haben. Und 43 Prozent der Unterstützer der Republikaner fänden es richtig, wenn ihre Partei mit dem Front eine Koalition eingehen würde. Bei der jüngsten Präsidentschaftswahl haben immerhin 33,9 Prozent der Franzosen ihre Stimme Marine Le Pen gegeben. Das war keine Niederlage. Das war ein Triumph derer, die das liberale Frankreich abschaffen wollen. Manche aus Überzeugung, viele aus Frust.
Ob der umbenannte Front National sich wieder stärker auf seine rechtsextremen Wurzeln besinnt oder wie zuletzt versuchen wird, Nationalismus als unpolitisches Volksgefühl zu verkaufen, ist nun gar nicht so wichtig. Marine Le Pen hat es geschafft, mit einem Programm in die Stichwahl um die Präsidentschaft zu kommen, das sich auf einen Leitsatz reduzieren lässt: Alles wird immer schlimmer, aber immerhin seid ihr Franzosen. Wer bei Le Pen sein Kreuz macht, scheint also ohnehin nicht viel von Politikern zu erwarten. Derart gestimmte Wähler schreckt keine parteiinterne Krise. Derart gestimmte Wähler sind aber auch keine überzeugten Rechtsradikalen.
Politik ist komplexer als der Kampf "Nationale gegen Globalisten"
Wichtiger als die Frage, was Le Pens Partei als Nächstes tut, ist die Frage, was die übrigen politischen Akteure Frankreichs tun werden. Entscheidend ist, ob die Republikaner sich daran erinnern, dass man konservative Politik machen kann, ohne auf Ausländer, sogenannte Eliten und die freie Presse zu schimpfen. Die Republikaner können sich verhalten wie eine Partei, die bereit ist, in der Demokratie Verantwortung zu übernehmen. Oder sie können sich weiterhin als eine bürgerliche Variante des Front National geben.
Ebenfalls entscheidend ist, ob Emmanuel Macron als Präsident auch für jene Lösungen anbieten wird, die das Gefühl haben, dass der Staat sie vergessen hat. Und vor allem geht es auch darum zu vermitteln, dass Politik und Zusammenleben komplexer sind als der von Marine Le Pen und ihren Rechten ausgerufene Kampf von "Nationalen gegen Globalisten".