Frankreich:Fillons Phantom-Assistentin

Lesezeit: 3 min

  • Penelope Fillon soll 500 000 Euro aus der französischen Staatskasse erhalten haben - für eine Assistenten-Tätigkeit für ihren Mann François.
  • Präsidentschaftskandidat François Fillon steht nun im Verdacht, seiner Frau einen fiktiven Job verschafft und so Steuermittel in die Familienkasse geschleust zu haben.
  • Die Justiz leitete am Mittwoch zumindest "Vorermittlungen" ein.

Von Christian Wernicke, Paris

Scheinwerfer scheut sie, und der Rummel, der neuerdings in Paris um ihren geliebten François gemacht wird, ist ihr zutiefst zuwider: Penelope Fillon, die getreue Gattin von Frankreichs konservativem Präsidentschaftskandidaten François Fillon, wollte immer im Hintergrund bleiben. Am liebsten weit draußen in der westfranzösischen Provinz, auf dem Landsitz an der lieblichen Sarthe: Sie sei Hausfrau, Mutter von fünf Kindern und, so sagt die gebürtige Britin, "einfach eine Bäuerin". Noch im Oktober beteuerte Penelope Fillon, sie habe sich "bisher nie in das politische Leben meines Ehemannes eingemischt". Vorbei.

Der Traum vom stillen Leben als Frau an seiner Seite ist am Mittwoch geplatzt. Plötzlich dreht sich alles um sie. Denn Madame Fillon soll, so berichtet das satirische Wochenblatt Canard Enchaîné, etwa 500 000 Euro aus der französischen Staatskasse erhalten haben, weil sie ihrem Mann in seiner Zeit als Abgeordneter (sowie einem seiner Parteifreunde) jahrelang als "parlamentarische Assistentin" diente.

Das allein wäre kein Vergehen. Nur, die Canard-Journalisten haben rauszufinden versucht, was Penelope Fillon denn so alles getan hat für ihr Gehalt. Sie fanden - nichts! Weshalb nun jenen Mann, der am 7. Mai Oberhaupt aller Franzosen werden will, der schnöde Verdacht umwabert, er habe seiner Penelope einen fiktiven Job verschafft und so reichlich Steuermittel in die Familienkasse geschleust.

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Fragen nach Details wehrte Fillon ab

Fillon reagierte zunächst wortkarg. Man habe "Stinkbomben" auf ihn geworfen, empörte sich der Kandidat, den im Übrigen "die Häme" ärgerte, mit der der Canard seine exklusive Geschichte garnierte: "Um Frankreich wohl zu dienen... ", spricht eine neben dem Artikel platzierte Fillon-Karikatur, "... muss man erst mal in der Lage sein, die Seinen zu bedienen." Die Justiz leitete am Mittwoch bereits "Vorermittlungen" ein. Am Abend forderte Fillon, er wolle von der Staatsanwaltschaft "so schnell wie möglich gehört werden" und "seine Ehre wiederherstellen".

Also müssen andere ran. Reihenweise bezeugen nun Parteifreunde, wie eifrig und gleichwohl leise Penelope Fillon allzeit die politische Karriere ihres Mannes befördert habe. "Es ist nicht ihr Stil, sich in den Vordergrund zu stellen", beteuert ein Sprecher der Fillon-Kampagne, "sie hat immer im Schatten gearbeitet." Die Lady im Hintergrund ist zur "femme dans l'ombre" geworden - die Schattenfrau.

Die Beschäftigung engster Verwandter als "attachée parlamentaire" ist nichts Anrüchiges in Frankreich. Anders als etwa im deutschen Bundestag, wo der Kodex Ehepartner, Schwager und auch frühere Lebenspartner im Vorzimmer verbietet, sitzen in den Büros der Nationalversammlung reihenweise Angehörige der Parlamentarier: Etwa jeder fünfte Abgeordnete hat seine Frau, seinen Sohn oder seine Tochter zur Seite - und zahlt dafür bis zu 4780 Euro Gehalt aus dem Budget des Hohen Hauses. Der Sozialist und Parlamentspräsident Claude Bertolone kommt ohne seine Frau ebenso wenig in der Politik zurecht wie Gilbert Collard, einer der beiden Abgeordneten des rechtsextremen Front National.

Die Justiz leitete "Vorermittlungen" ein

Dennoch steht Familie Fillon nun unter öffentlichem Druck, einige konkrete und geldwerte Arbeitsproben der Gattin vorzulegen. Denn Penelope, Spitzname "Penny", hat viele Euros und Cent verdient. Anfangs erhielt die selbst erklärte Hausfrau und Bäuerin anno 2001 umgerechnet 3900 brutto im Monat. Ein Jahr später, so höhnt die Zeitung Canard, habe sich "ihr Arbeitgeber und Ehemann generöser gezeigt" und seiner Mitarbeiterin ein Salär von 4600 Euro gegönnt. Noch besser kam es, als Fillon 2002 in Frankreich Minister wurde und deshalb sein Parlamentsmandat niederlegen musste. Sein Stellvertreter, der republikanische Ersatz-Abgeordnete Marc Joulaud, bot Penelope Fillon sehr loyal einen neuen Arbeitsvertrag an - für 6900 Euro, später sogar 7900 brutto.

Merkwürdig ist nur, dass sich eine andere Mitarbeiterin des Fillon-Freundes und Abgeordneten Joulaud partout nicht an ihre angebliche Kollegin erinnern kann. "Ich habe mit ihr nie gearbeitet", zitiert der Canard die frühere Parlamentsangestellte Jeanne Robinson-Behre, "ich kannte sie nur als Frau des Ministers." Ein weiterer Assistent des Abgeordneten bekam nur ein bescheidenes Gehalt und lebte von einem Zweitjob - im Kabinett des damaligen Ministers Fillon.

Vor vier Jahren, als der damalige Premierminister Fillon wieder einfacher französischer Abgeordneter wurde, arbeitete Penelope Fillon laut dem Gehaltszettel dann wieder für ihren Mann. Für lediglich 4600 Euro. Zudem verdiente sie 20 Monate lang 5000 Euro monatlich als sogenannte "literarische Beraterin" bei einer Monatszeitschrift, die einem reichen Freund des Politikers gehört. Ihre lesbare Gegenleistung damals? Zwei Buchbesprechungen.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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