Insgesamt 614 Interviews hat Gabriel Sherman geführt, um das Phänomen von Fox-News-Boss Roger Ailes zu ergründen. Nach drei Jahren Arbeit erscheint nun "Die lauteste Stimme im Raum", die "inoffizielle Biographie" über einen der umstrittensten Männer der US-Politik. Darin zeichnet der Journalist den Senderchef als ebenso genialen wie machtbewussten Strippenzieher, dem es weniger um die Ausgewogenheit der Fakten gehe als um den Erfolg der Republikaner.
Auf den 538 Seiten des Buchs finden sich viele Episoden, die dies belegen. Als etwa die konservative Partei 2011 nach einem Herausforderer für Barack Obama suchte, trafen sich die Spitzenmanager des konservativen Kabelsenders Fox News mit ihrem Boss Roger Ailes. Dieser verkündete offen: "Ich möchte den nächsten Präsidenten bestimmen", wie mehrere Teilnehmer Sherman berichteten.
Monatelang versuchte Ailes, New Jerseys Gouverneur Chris Christie zu einer Kandidatur zu bewegen. Die Unterstützung von Rupert Murdoch, zu dessen Medien-Imperium Fox News gehört, hätte Christie sicher, betonte er. Christie traute sich schließlich doch nicht, weshalb Mitt Romney die Vorwahlen gewinnen konnte. Also versuchte Ailes nun, Romney ins Weiße Haus zu bringen und gab ihm reichlich - wenn auch vergeblich - Tipps. Im Mai 2012 strahlte Fox News ein vierminütiges Video aus, das mit Journalismus nichts zu tun hatte, sondern einer Wahlwerbung für Romney gleichkam. In düsteren Bildern und gestützt auf einseitige Fakten wird eine Bilanz der ersten Amtszeit von Obama gezogen.
Legendär auch der Wahlabend des 6. November 2012, als der ehemalige Bush-Berater Karl Rove im Fox-News-Programm den Sieg von Obama nicht wahrhaben wollte und sich in immer krudere Theorien verstieg (mehr in diesem US-Blog). Während die Demokraten in Chicago jubelten, schimpfte Ailes: "Danke, Chris Christie!"
Shermans Buch "The loudest voice in the room. How the Brilliant, Bombastic Roger Ailes Built Fox News - and Divided a Country", aus dem US-Medien Auszüge veröffentlicht haben, beschreibt Roger Ailes so detailliert wie nie zuvor. Der 73-Jährige begann seine Karriere als Wahlkampfberater für Richard Nixon, arbeitete dann für diverse TV-Sender, bevor er für Murdoch 1996 Fox News gründete. Heute ist Fox News der erfolgreichste US-Nachrichtensender und extrem profitabel. Der Gewinn beträgt laut Insidern bis zu einer Milliarde Dollar pro Jahr.
Von wegen "fair und ausgewogen"
Das Motto des Senders "Fair and balanced" sorgt seit langem wegen der einseitigen Berichterstattung für Spott. Bei Fox News geht es weder fair noch ausgewogen zu, urteilt auch Sherman. "Roger findet, dass sich die Konkurrenten CNN und MSNBC viel zu weit nach links bewegt hätten. Er war also gezwungen, weiter nach rechts zu gehen", erzählte ein hochrangiger Fox-News-Manager dem Buchautor. Das Programm solle ein Gegengewicht zu den Mainstream-Medien sein.
Also spendiert Ailes republikanischen Ex-Gouverneuren und Abgeordneten wie Sarah Palin, Mike Huckabee oder Rick Santorum gut dotierte Verträge, damit diese ihre eigene Marke pflegen und die Obama-Regierung attackieren können.