Flüchtlingspolitik:Juncker warnt Österreich vor Brenner-Schließung

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Jean-Claude Juncker kritisiert Österreich für das Verhalten am Brenner. (Foto: dpa)

Der EU-Kommissionspräsident spricht von einer politischen Katastrophe - und prognostiziert einen Schaden für ganz Europa.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnt Österreich in einem Interview davor, Grenzkontrollen am Brenner-Pass einzuführen. Dies wäre eine "politische Katastrophe", sagte er der Funke-Mediengruppe.

Der Verkehrsknotenpunkt sei in jeder Hinsicht eine wichtige Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa. "Alles, was den Brenner blockieren würde, hätte deshalb nicht nur gravierende wirtschaftliche, sondern vor allem auch schwere politische Konsequenzen."

Nach Abriegelung der Balkanroute und dem Inkrafttreten des EU-Paktes mit der Türkei gibt es Befürchtungen, dass sich Migranten andere Wege zur Flucht nach Europa suchen. Die Kontrollen am Brenner sollen abhängig vom Flüchtlingsandrang beginnen. Zudem bereitet sich Österreich offenbar darauf vor, einen 370 Meter langen Maschendrahtzaun aufzustellen.

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Den bereits bestehenden Zaun an der mazedonisch-griechischen Grenze kritisiert der EU-Kommissionspräsident scharf: "Zäune mögen Flüchtlinge am Weiterziehen hindern. Aber kein Zaun und keine Mauer ist hoch genug, um diese Menschen davor abzuschrecken, nach Europa zu kommen, wenn sie vor Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern fliehen."

Abkommen mit der Türkei zeigt Wirkung

Im Allgemeinen sieht Jean-Claude Juncker die Flüchtlingskrise vor einer "Kehrtwende". "Das Abkommen mit der Türkei zeigt seine Wirkung, und die Flüchtlingszahlen sinken deutlich," sagt er. Allein in den ersten drei Wochen seit Inkrafttreten der Vereinbarung sei die Zahl der Flüchtlinge um 80 Prozent zurückgegangen.

"Völlige Entwarnung" könne es allerdings erst geben, wenn die Flüchtlingszahlen nachhaltig niedrig blieben. Die Abmachung mit der Türkei habe den Europäern Handlungsspielraum eröffnet, um Lehren aus der Krise zu ziehen und mittelfristig ein faireres und effizienteres Asylsystem aufbauen zu können, sagte er.

Der im März zwischen der EU und Ankara ausgehandelte Flüchtlingspakt sieht vor, dass die Türkei alle auf irregulärem Weg auf die griechischen Inseln gelangten Migranten zurücknimmt. Im Gegenzug nimmt die EU für jeden abgeschobenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf.

© SZ.de/dpa/rtr/afp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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